Einführung zum Thema Abfindung
Unter Abfindung versteht man im Arbeitsrecht die einmalige Geldzahlung des Arbeitgebers, die auf Grund der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses geleistet wird. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses stellt sich regelmäßig die Frage nach einer Abfindung für den gekündigten Arbeitnehmer. Die Arbeitgeber sind oft freiwillig zur Zahlung einer Entlassungsentschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes bereit, sofern dadurch eine langwierige gerichtliche Auseinandersetzung vermieden werden kann. Ferner werden die meisten Arbeitgeber im Fall einer rechtlich aussichtslosen Kündigung lieber eine Abfindung bezahlen als den Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen.
Abfindungshöhe
Wenn eine Kündigungsschutzklage gegen die ausgesprochene Kündigung eingereicht wird, dann geschieht dies in vielen Fällen zur gerichtlichen Festsetzung einer Abfindung. Die arbeitsrechtliche Berechnungsgrundlage für eine derartige Abfindung bei Gericht lautet als Faustformel:
>> ein halbes Bruttomonatsgehalt für jedes Beschäftigungsjahr im Betrieb <<
Einzelne Arbeitsgerichte weichen von dieser Regel teilweise deutlich ab.
Bitte berücksichtigen Sie: Die Angaben in der Tabelle stellen nur grobe Richtwerte dar. Die Höhe der Abfindung ist natürlich auch abhängig von Faktoren, wie z.B. Chancen des Arbeitnehmers nach der Kündigung auf dem Arbeitsmarkt, Lebensalter des Arbeitnehmers, Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Dritten, Erfolgsaussichten des Kündigungsschutzprozesses, Liquidität des Unternehmens usw.
Arbeitsgerichte in Baden-Württemberg
Folgende Faustformeln gelten vor den folgenden Gerichten:
Landesarbeitsgericht Mannheim 0,5 - 1,0
Arbeitsgericht Freiburg 0,5 (auch Kammern Offenburg und Villingen-Schwennigen)
Arbeitsgericht Heilbronn 0,5 - 1,0 (auch Kammern Crailsheim, ältere AN 0,75)
Arbeitsgericht Karlsruhe 0,3 - 0,7 (0,2 - 0,3 bei wirtschaftlich schwachen Unternehmen)
Arbeitsgericht Lörrach 0,5 (auch Kammern Radolfzell)
Arbeitsgericht Mannheim 0,5 - 1,0 (auch Kammern Heidelberg)
Arbeitsgericht Pforzheim 0,5
Arbeitsgericht Reutlingen 0,5
Arbeitsgericht Stuttgart 0,5 (auch Kammern Aalen und Ludwigsburg)
Arbeitsgericht Ulm 0,5 (auch Kammern Ravensburg)
Arbeitsgerichte in Hessen
Folgende Faustformeln gelten vor den folgenden Gerichten:
Landesarbeitsgericht Hessen 0,5
Arbeitsgericht Darmstadt 0,5 - 1,5
(abhängig vom Alter und Prozessrisiko)
Arbeitsgericht Frankfurt am Main 0,5 - 1,0
(abhängig vom Alter und Prozessrisiko)
Arbeitsgericht Fulda 0,25 - 0,5
Arbeitsgericht Gießen 0,5 - 0,75
Arbeitsgericht Hanau 0,6
Arbeitsgericht Bad Hersfeld max. 0,5
Arbeitsgericht Kassel 0,5 - 0,75
Arbeitsgericht Limburg 0,5
Arbeitsgericht Marburg 0,5
Arbeitsgericht Offenbach 0,5 - 1,0
Arbeitsgericht Wetzlar 0,5
Arbeitsgericht Wiesbaden 0,5 - 1,0
Arbeitsgerichte in Rheinland-Pfalz
Folgende Faustformeln gelten vor den folgenden Gerichten:
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz 0,5
Arbeitsgericht Kaiserslautern 0,5
Arbeitsgericht Koblenz 0,5
Arbeitsgericht Ludwigshafen 0,5 - 1,0
Arbeitsgericht Mainz 0,5 - 1,0
Arbeitsgericht Trier 0,5
Begrenzung der Abfindung
Das Kündigungsschutzgesetz sieht bei Auflösung des Arbeitsverhältnis durch arbeitsgerichtliches Urteil folgende Höchstgrenzen für die Abfindung vor:
- Grundsätzlich: maximal ein Betrag von zwölf Monatsverdiensten.
- Der Arbeitnehmer hat das 50. Lebensjahres vollendet und schaut auf 15 Jahre Betriebszugehörigkeit zurück: maximal fünfzehn Monatsverdienste.
- Der Arbeitnehmer hat das 55. Lebensjahres vollendet und schaut auf 20 Jahre Betriebszugehörigkeit zurück: maximal achtzehn Monatsverdienste (gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer das für die Regelaltersrente erforderliche Lebensalter erreicht hat).
Das Kündigungsschreiben des Arbeitgebers kann bereits den Hinweis enthalten, dass die Kündigung auf dringenden, betrieblichen Erfordernissen beruht und der Arbeitnehmer eine Abfindung beanspruchen kann, wenn er keine Kündigungsschutzklage einreicht (§ 1a KSchG). Im Fall des § 1a KSchG setzt das Gesetz eine Abfindungshöhe von einem halben Monatsverdienst für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit an. Auch hier sind die vorgenannten Höchstgrenzen zu beachten.
Wurde der Abfindungsanspruch durch das Arbeitsgericht in einem Vergleich protokolliert, dann verjährt dieser Abfindungsanspruch erst nach 30 Jahren. Trotzdem empfiehlt es sich, den Anspruch zeitnah einzufordern und gegebenenfalls zu vollstrecken.
Seit dem 01.01.2006 gibt es keinen Steuerfreibetrag mehr. Es gelten allerdings noch Übergangsregelungen für Abfindungen, die vor dem 31.12.2005 entstanden sind.
Rechtsprechung
BAG, Urteil vom 21.3.2018, Az: 7 AZR 590/16: Es ist keine unzulässige Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern, wenn der Arbeitgeber dem Betriebsrat in einem Aufhebungsvertrag besonders attraktive finanzielle und sonstige Konditionen anbietet, welche einem Arbeitnehmer ohne Betriebsratsmandat nicht zugestanden worden wären. Die Begünstigung ist auf den besonderen Kündigungsschutz des Betriebsratsmitgliedes nach § 15 Abs.1 KSchG und § 103 BetrVG zurückzuführen. Dieser besondere Kündigungsschutz verbessert die Verhandlungsposition des Arbeitnehmers deutlich.
Urteil des BAG vom 19.7.2016, Az: 2 AZR 536/15: Ein Kündigungsschreiben mit einem Hinweis auf § 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG gewährt dem gekündigten Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist regelmäßig einen Abfindungsanspruch in Höhe eines halben Bruttomonatsverdienstes für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Will der Arbeitgeber, dass auf diesen Anspruch ein Abfindungsanspruch aus einem Sozialplan angerechnet wird, muss sich diese Anrechnung eindeutig und unmissverständlich aus dem Kündigungsschreiben selbst ergeben. Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitnehmer also Anspruch auf eine Sozialplanabfindung und eine zusätzliche Abfindung gem. § 1a Abs. 1 KSchG.
Rechtsanwalt Christian Sehn - Fachanwalt für Arbeitsrecht und Sozialrecht
Kanzlei Lampertheim, Wilhelmstr. 70, 68623 Lampertheim, 06206 - 1859121 - Abfindung - Bearbeitungsstand 11.05.2024 - Der Inhalt dieser Seiten kann keine Beratung durch einen Anwalt ersetzen. Bitte beachten Sie unsere Haftungshinweise.
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