Einführung in das Thema außerordentliche fristlose Kündigung

Das Bild zeigt einen Mann, der einen Stempel mit dem Aufdruck "Kündigung" verwendet

Fristlose Kündigung

Ein Arbeitsverhältnis kann von einer Partei des Arbeitsvertrags (Arbeitnehmer oder Arbeitgeber) aus wichtigem Grund außerordentlich und fristlos gekündigt werden. In fast allen Fällen wird die fristlose Kündigung vom Arbeitgeber ausgesprochen. Eine Kündigungsfrist ist bei der fristlosen Kündigung im Unterschied zur ordentlichen Kündigung nicht einzuhalten. Die fristlose Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen ausgesprochen werden. Die außerordentliche fristlose Kündigung ist in § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. Auf Verlangen hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Kündigungsgründe unverzüglich schriftlich mitzuteilen.

Inhaltsverzeichnis

Anwendungsbereich einer fristlosen Kündigung

Nach § 626 BGB kann ein Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, sofern Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Für jede außerordentliche Kündigung muss also ein wichtiger Grund vorliegen. In der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung wurden Fallkonstellationen gebildet, unter welchen Umständen im Einzelfall eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sein kann. Bei folgenden Fallkonstellationen kommt eine fristlose Kündigung regelmäßig in Betracht:

- Beharrliche Arbeitsverweigerung,
- Schwerwiegende Vertragsverletzungen,
- Ständiges zu spät kommen trotz Abmahnungen,
- Nicht zur Arbeit erscheinen nach entsprechender Abmahnungen,
- Vorzeitiges Verlassen des Arbeitsplatzes nach entsprechender Abmahnungen,
- Schwerer Vertrauensbruch,
- Straftaten (Diebstahl, Unterschlagung, Betrug zu Lasten des Arbeitgebers usw.),
- Eigenmächtiger Urlaubsantritt,
- Ausländerfeindliche Äußerungen, die den Betriebsfrieden stören,
- Sexuelle Übergriffe innerhalb der Belegschaft,
- Vortäuschen einer Krankheit mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen,
- grobe Beleidigungen,
- Manipulation der Zeiterfassung,
- Unerlaubte Internet- und Telefonnutzung,
- Diskriminierung oder Mobbing anderer Mitarbeiter,
- Verstoß gegen ein Alkoholverbot mit Gefährdung von Leib und Leben oder Sachwerten,
- Sonstige Pflichtverletzungen, grobe Verletzung der Treuepflicht,
- Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot etc.

Die Aufzählung ist nicht abschließend. Erst nach Bejahung des wichtigen Grundes erfolgt in einer zweiten Stufe eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und eine Interessenabwägung beider Parteien. Hierbei ist zu prüfen, ob den Vertragsparteien die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der Kündigungsfrist noch zumutbar ist oder nicht.

Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung

Die außerordentliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis vorzeitig. Eine sonst geltende Kündigungsfrist muss regelmäßig nicht beachtet werden. Der Arbeitgeber kann aber im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung auch eine soziale Auslauffrist einhalten. Das Recht zu einer außerordentlichen Kündigung besteht in allen Arbeitsverhältnissen (auch in befristeten Arbeitsverhältnissen).

In Berufsausbildungsverhältnissen gelten Sonderregelungen für die außerordentliche Kündigung (§ 22 BBiG). Auch im Bereich der Seeschifffahrt gibt es abweichende Regelungen (§ 64 bis § 69 SeemG).

Auch bei einer außerordentlichen Kündigung ist der Betriebsrat anzuhören. Für bestimmte Personengruppen (Mutterschutz, Pflegezeit, Elternzeit, Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung und Gleichstellung, Betriebsratstätigkeit etc.) gelten besondere Schutzbestimmungen. Eine unwirksame außerordentliche Kündigung kann unter Umständen in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden.

Für die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung ist von besonderer Bedeutung, ob eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers bis zum Ende der regulären Kündigungsfrist für den Kündigenden zumutbar ist. Eine fristlose Kündigung ist nur zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Arbeitsverhältnisse sind regelmäßig auf Dauer angelegt und die tägliche Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer setzt ein Mindestmaß an Vertrauen voraus. Besteht ein solches Vertrauensverhältnis nicht mehr, so kommt als letztes und schärfstes Mittel (ultima ratio) eine außerordentliche fristlose Kündigung in Betracht. Eine fristlose Kündigung kann nur innerhalb zwei Wochen nach dem arbeitsrechtlichen "Vorfall" ausgesprochen werden. Diese Frist beginnt ab dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber von den maßgeblichen Tatsachen eine sichere Kenntnis erlangt hat. Regelmäßig wird aus Gründen der Verhältnismäßigkeit vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung erforderlich sein. Von einer solchen Abmahnung kann im Falle einer fristlosen Kündigung aber abgesehen werden, wenn ein wichtiger Grund in Form eines besonders schwerwiegenden Vertragsverletzung oder eines Vertrauensbruchs vorliegt. Ob eine vorherige Abmahnung erforderlich ist, hängt vom Einzelfall ab und sollte im Vorfeld des Ausspruches einer ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung sorgfältig abgewogen werden.

Mögliche Folgen einer fristlosen Kündigung

Setzen Sie sich gegen eine fristlose Kündigung nicht durch eine Kündigungsschutzklage zur Wehr, dann hat der Ausspruch dieser Kündigungsvariante für Sie als Betroffenen erhebliche negative Folgen. Die außerordentliche fristlose Kündigung führt zunächst dazu, dass mit Ausspruch der Kündigung sämtliche Lohn- und Gehaltsansprüche des Arbeitnehmers ad hoc vollständig entfallen. Ferner verhängt die Arbeitsagentur in der Folgezeit regelmäßig eine Sperrzeit von 12 Wochen. Setzen Sie auch gegen den Sperrzeitbescheid der Arbeitsagentur nicht zur Wehr (Widerspruch und Klage), dann führt der Eintritt der Sperrzeit zu einem Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs - d.h. Sie erhalten auch kein Arbeitslosengeld von der Arbeitsagentur. Der Zahlungsbeginn des Arbeitslosengeldes verzögert sich um die Dauer der Sperrzeit. Unter Umständen sind Sie während der Sperrzeit weder krankenversichert noch rentenversichert. Der gesamte Bezugszeitraum des Arbeitslosengeldes mindert sich ferner gem. § 148 SGB III um 1/4. Arbeitgeber in Kleinbetrieben sprechen häufig fristlose Kündigungen ohne ersichtlichen Grund aus. Sie hoffen darauf, dass der Arbeitnehmer die Frist für eine Kündigungsschutzklage (drei Wochen) versäumt oder das Risiko einer Kündigungsschutzklage scheut. Die Kündigung wird dann rechtswirksam und der Arbeitgeber erspart sich die Zahlung von Restlohn an den Arbeitnehmer. In vielen Fällen wird darüber hinaus auch die Abgeltung des Resturlaubs oder die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses verweigert. Sie sollten daher eine fristlose Kündigung nur dann kampflos hinnehmen, sofern diese tatsächlich eindeutig gerechtfertigt ist.

Rechtsprechung zum Thema fristlose Kündigung

  • Urteil des BAG vom 24.8.2023, Az: 2 AZR 17/23: Die außerordentliche fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers, der sich in einer privaten WhatsApp-Gruppe in beleidigender und menschenverachtender Weise über Vorgesetzte und Kollegen äußert, ist grundsätzlich gerechtfertigt. Nur in Ausnahmefällen kann sich der Arbeitnehmer in derart großen WhatsApp-Gruppen, in denen sich auch Arbeitskollegen befinden, auf eine Vertraulichkeitserwartung berufen.

  • Urteil des LAG Hamm, vom 27.01.2023, Az: 13 Sa 1007/22: Bereits ein einmaliger Verstoß gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Erfassung der Arbeitszeit kann einen wichtigen Grund gem. § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche fristlose Kündigung darstellen. Sachverhalt: Die Arbeitnehmerin erschien zur Arbeit und erfasst ihre Anwesenheit mit dem Arbeitszeiterfassungssystem. Dann verließ Sie den Arbeitsplatz und traf sich in einem nahegelegenen Cafe privat zum Kaffeetrinken. Diese Abwesenheit wurde nicht ordnungsgemäß im Zeiterfassungssystem vermerkt. Die Arbeitnehmerin leugnete zunächst die Abwesenheit. Erst als der Arbeitgeber auf Beweisfotos hinwies, hat die Arbeitnehmerin den Arbeitszeitbetrug eingeräumt. Nach Auffassung des LAG Hamm kann sich auch aus dem Nachtatverhalten ein endgültiger Vertrauensverlust ergeben, welcher eine fristlose Kündigung rechtfertigt.

Rechtsanwalt Christian Sehn - Fachanwalt für Arbeitsrecht und Sozialrecht
Kanzlei Lampertheim, Wilhelmstr. 70, 68623 Lampertheim, 06206 - 1859121 Außerordentliche Fristlose Kündigung - Bearbeitungsstand 18.04.2024 - Der Inhalt dieser Seiten kann keine Beratung durch einen Anwalt ersetzen. Bitte beachten Sie unsere Haftungshinweise.

Bild fristlose Kündigung : (c) Rainer Sturm / pixelio.de

Fristlose Kündigung|Arbeitsrecht|Mannheim|Lampertheim|Bürstadt|Biblis

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf „Alle erlauben“ erklären Sie sich damit einverstanden. Weiterführende Informationen und die Möglichkeit, einzelne Cookies zuzulassen oder sie zu deaktivieren, erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.