Einführung krankheitsbedingte Kündigung
Die krankheitsbedingt Kündigung ist ein Unterfall der personenbedingten Kündigung. Die krankheitsbedingte Kündigung kommt insbesondere bei einer Langzeiterkrankung, häufigen Kurzzeiterkrankungen, dauernder Arbeitsunfähigkeit und krankheitsbedingter Leistungsminderung des Arbeitnehmers als arbeitsrechtliche Gestaltungsmöglichkeit des Arbeitgebers in Betracht. Die Erkrankung des Arbeitnehmers rechtfertigt immer nur eine ordentliche Kündigung. Der krankheitsbedingten Kündigung ist regelmäßig ein BEM-Verfahren vorgeschaltet. Gegen eine solche können Sie sich mit einer Kündigungsschutzklage zur Wehr setzen (Frist drei Wochen ab Zugang der Kündigung).
Inhaltsverzeichnis krankheitsbedingte Kündigung
Prüfungsschema einer krankheitsbedingten Kündigung
Die krankheitsbedingte Kündigung wird nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes im Arbeitsrecht in drei Stufen geprüft:
- negative Gesundheitsprognose,
- erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen (Störungen des Betriebsablaufes oder zusätzliche wirtschaftliche Belastungen durch die Kosten der Entgeltfortzahlung),
- Interessenabwägung: Im Rahmen einer Interessenabwägung im Einzelfall muss sich ergeben, dass die erheblichen Beeinträchtigungen zu einer nicht mehr hinnehmbaren Belastung des Arbeitgebers führen.
Fälle krankheitsbedingter Kündigungen
Die krankheitsbedingte Kündigung kommt für den Arbeitgeber dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer
- eine lang anhaltende Krankheit hat:
Die lang andauernde Erkrankung des Arbeitnehmers kann zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Unternehmers führen. Insbesondere dann, wenn die Genesung des Arbeitnehmers und seine Rückkehr an den Arbeitsplatz vollkommen ungewiss ist. Eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen wird allerdings selten schon durch die Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gegeben sein, da die Entgeltfortzahlungsverpflichtung des Arbeitgebers bereits nach sechs Wochen endet. Der Arbeitgeber wird daher die erhebliche Beeinträchtigung seiner betrieblicher Interessen regelmäßig mit personellen und organisatorischen Argumenten begründen. Es existieren bei der lang andauernden Erkrankung keine rechtlichen Vorgaben, ab welchen Krankheitszeiten von einer negativen Prognose auszugehen ist. Bei der Beurteilung dieser Frage kommt es wesentlich auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses zum Kündigungszeitpunkt an. Eine lang andauernde Erkrankung kann regelmäßig erst bei einer Fehlzeit von über sechs Wochen angenommen werden. Das Bundesarbeitsgericht hat eine krankheitsbedingte Kündigung als gerechtfertigt angesehen, sofern der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kündigung bereits ein Jahr lang arbeitsunfähig krank und die Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit ungewiss war. Bei lang andauernden Arbeitsverhältnissen oder einem hohen Alter des Arbeitnehmers liegt eine besondere Schutzbedürftigkeit des Mitarbeiters vor. Die Interessenabwägung wird dann häufig zugunsten des Arbeitnehmers ausfallen.
- eine Krankheit hat, die zu dauernder Arbeitsunfähigkeit führt:
In diesem Fall ist die Gesundheitsprognose häufig negativ. Zudem sind die betrieblichen oder wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers im Regelfall erheblich beeinträchtigt. Bei dauernder Arbeitsunfähigkeit und dem Fehlen eines leidensgerechten Arbeitsplatzes wird die Interessenabwägung oft zu Gunsten des Arbeitgebers ausfallen. Das Arbeitsverhältnis ist erheblich gestört, da feststeht, dass der Arbeitnehmer dauerhaft seiner Arbeitsverpflichtung nicht mehr nachkommen kann. Eine Kündigung des Arbeitgebers wird daher häufig rechtswirksam sein.
- häufig kurzerkrankt ist:
Häufige Kurzzeiterkrankungen wirken sich besonders belastend auf die betriebliche Organisation aus. Der Arbeitgeber muss entweder eine kostenintensive Personalreserve vorhalten oder aber permanent die Arbeitspläne umstellen. Ferner wird der Arbeitgeber immer wieder erneut bis maximal sechs Wochen die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall leisten müssen (bei einer langandauernden Krankheit muss er nur einmal sechs Wochen Entgeltfortzahlung leisten. Ist der Leistungsanspruch erschöpft, zahlt die Krankenkasse dem Arbeitnehmer das Krankengeld aus). Häufige Kurzerkrankungen sind also für den Arbeitgeber sehr teuer. Nach Auffassung der Arbeitsgerichte sind die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers bereits erheblich beeinträchtigt, sofern er in einem Zeitraum von zwei aufeinander folgenden Jahren jedes Jahr mindestens einmal sechs Wochen die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auszahlt. Der Arbeitgeber muss in einem Kündigungsrechtsstreit die Fehlzeiten des Arbeitnehmers in der Vergangenheit ordnungsgemäß darlegen. Es obliegt dann dem Arbeitnehmer die Indizwirkung der Fehlzeiten durch Sachvortrag zu erschüttern. Er sollte näher zu den gesundheitlichen Beschwerden vortragen und erläutern, aus welchem Grund zukünftig mit einer dauerhaften Genesung und nicht mehr mit hohen Fehlzeiten zu rechnen ist. Der Arbeitgeber muss sodann wiederum versuchen, den Sachvertrag des Arbeitnehmers zu widerlegen. Im Rahmen der Interessenabwägung ist im Einzelfall zu prüfen, ob dem Arbeitgeber die Beeinträchtigungen seiner betrieblichen und wirtschaftlichen Interessen noch zugemutet werden können. Wenn ja, dann scheitert die Kündigung. Wenn nein, dann wird der Arbeitgeber sich mit seiner Kündigung durchsetzen können. Ein hohes Lebensalter und eine lange Betriebszugehörigkeit fließen auch in diesem Fall in die Abwägung zugunsten des Arbeitnehmers ein.
- krankheitsbedingt leistungsgemindert ist:
Führt die krankheitsbedingte Leistungsminderung des Arbeitnehmers zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers, dann kann auch diese Leistungsminderung unter Umständen eine krankheitsbedingte Kündigung rechtfertigen. Im Rahmen der Interessenabwägung sind die Belange des Arbeitnehmers sehr sorgfältig gegen die Belange des Arbeitgebers abzuwägen. Regelmäßig wird der Arbeitgeber die erhebliche Beeinträchtigung seiner betrieblichen Interessen hinnehmen müssen.
Negative Gesundheitsprognose
Eine negative Gesundheitsprognose liegt vor, wenn weitere Erkrankungen und weitere Fehlzeiten des Arbeitnehmers in der Zukunft zu erwarten sind. Ein Indiz für die zukünftige Entwicklung sind die krankheitsbedingten Fehlzeiten in der Vergangenheit. Die Parteien des arbeitsgerichtlichen Rechtsstreites betrachten hierzu regelmäßig die Krankheitszeiten der letzten zwei oder drei Jahre des Arbeitsverhältnisses. Die Frage, ab welcher Anzahl von krankheitsbedingten Fehltagen von häufigen Kurzerkrankungen oder von einer Langzeiterkrankung gesprochen werden kann, ist nicht pauschal zu beantworten. Der Arbeitnehmer wird im Prozess versuchen, den Einwand einer negativen Gesundheitsprognose zu entkräften und zu diesem Zweck seine Ärzte von der Schweigepflicht entbinden. Die Feststellung einer negativen Gesundheitsprognose lässt sich regelmäßig leicht verhindern. Deshalb ist es erforderlich, rechtzeitig einen Fachanwalt für Arbeitsrecht einzuschalten.
Betriebliches Eingliederungsmanagement
Das betriebliche Eingliederungsmanagement (kurz BEM) ist in § 167 Abs. 2 SGB IX geregelt. Sobald ein Mitarbeiter länger als 6 Wochen im Jahr arbeitsunfähig ist, sind alle Arbeitgeber aufgrund ihrer Fürsorgepflicht zu einem betrieblichen Eingliederungsmanagement verpflichtet. Das gilt für behinderte und schwerstbehinderte Arbeitnehmer aber auch für kranke Mitarbeiter ohne Behinderung oder Schwerbehinderung. Das Ziel des betrieblichen Eingliederungsmanagements ist die Klärung folgender Fragen:
- Wie können die Arbeitsunfähigkeit überwunden und Fehlzeiten zukünftig vermieden werden ?
- Welche Maßnahmen müssen eingeleitet werden, um eine erneute Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers zu verhindern (Stichwort: leidensgerechter Arbeitsplatz) ?
Der Arbeitgeber schaltet im Zusammenhang mit dem BEM in der Regel den Betriebsrat, die Schwerbehindertenvertretung, den Betriebsarzt und eventuell das Integrationsamt ein. Der betroffene Mitarbeiter ist natürlich ebenfalls zu beteiligen.
Tipp: das BEM wird von Arbeitgebern regelmäßig ignoriert. Dies ist ein schwerwiegender Fehler. Eine krankheitsbedingte Kündigung ist daher regelmäßig von vorneherein zum Scheitern verurteilt.
krankheitsbedingte Kündigung - Vorgehensweise
Im Falle einer krankheitsbedingten Kündigung müssen Sie innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage erheben. Wird diese Frist versäumt, dann gilt die Kündigung als von Anfang an wirksam. Die Frist muss nicht nur eingehalten werden, wenn Sie die Kündigung angreifen wollen, um Ihren Arbeitsplatz zu sichern. Die Frist muss auch eingehalten werden, wenn es Ihr Ziel ist, das Arbeitsverhältnis gegen eine Zahlung einer Abfindung zu beenden. Sofern Sie über eine eintrittsbereite Rechtsschutzversicherung verfügen, beschränkt sich Ihr Kostenrisiko allenfalls auf die mit Ihrer Rechtsschutzversicherung vereinbarte Selbstbeteiligung. Aufgrund der arbeitsrechtlichen, kündigungsschutzrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten sollten Sie sich im Arbeitsgerichtsprozess von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht oder zumindest von einem Anwalt mit identischem Tätigkeitsschwerpunkt vertreten lassen. Im Falle von Mittellosigkeit besteht die Möglichkeit, im Gerichtsverfahren sog. Prozesskostenhilfe zu beantragen. Der Staat trägt dann nach Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse häufig die Rechtsanwaltskosten. Er überprüft jedoch in einem Zeitraum von vier Jahren, ob er sich beim Antragsteller die vorgestreckten Kosten wiederholen kann. Unter diesem Link finden Sie einen weiterführenden Prozesskostenhilferechner.
Rechtsanwalt Christian Sehn - Fachanwalt für Arbeitsrecht und Sozialrecht
Kanzlei Lampertheim, Wilhelmstr. 70, 68623 Lampertheim, 06206 - 1859121 Krankheitsbedingte Kündigung - Der Inhalt dieser Seiten kann keine Beratung durch einen Anwalt ersetzen. Bitte beachten Sie unsere Haftungshinweise.
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