BEM und Wiedereingliederung
Betriebliches Eingliederungsmanagement
Das BEM ist in § 84 Abs. 2 SGB IX geregelt. Sobald ein Mitarbeiter länger als 6 Wochen im Jahr arbeitsunfähig ist, sind alle Arbeitgeber aufgrund ihrer Fürsorgepflicht zu einem betrieblichen Engliederungsmanagement verpflichtet. Das gilt für behinderte und schwerstbehinderte Arbeitnehmer aber auch für kranke Mitarbeiter ohne Behinderung oder Schwerbehinderung.
Das Ziel des betrieblichen Eingliederungsmanagements muss für den Arbeitgeber die Klärung folgender Fragen sein:
- Wie können die Arbeitsunfähigkeit überwunden und Fehlzeiten zukünftig vermieden werden ?
- Welche Maßnahmen müssen eingeleitet werden, um eine erneute Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers zu verhindern (leidensgerechter Arbeitsplatz) ?
Der Arbeitgeber schaltet im Zusammenhang mit dem BEM in der Regel den Betriebsrat, die Schwerbehindertenvertretung, den Betriebsarzt und eventuell das Integrationsamt ein. Der betroffene Mitarbeiter ist natürlich ebenfalls zu beteiligen. Tipp: das BEM wird von Arbeitgebern regelmäßig ignoriert. Dies ist im Arbeitsrecht ein schwerwiegender Fehler. Eine krankheitsbedingte Kündigung ist daher regelmäßig von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist eng verknüpft mit dem Anspruch des Arbeitnehmers auf stufenweise Wiedereingliederung.
Der Anspruch auf stufenweise Wiedereingliederung
Die stufenweise Wiedereingliederung (stWE) ist im Sozialgesetzbuch V und im Sozialgesetzbuch IX geregelt.
- Was bedeutet stufenweise Wiedereingliederung: dem Arbeitnehmer soll die Möglichkeit gegeben werden, nach langer Erkrankung sein altes Arbeitsverhältnis in Schritten wieder voll aufzunehmen. Im Unterschied zum stufenlosen Volleinstieg ist die Belastung für den Arbeitnehmer im Rahmen einer stWE wesentlich geringer. Der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, im Rahmen der stWE seine berufliche Belastbarkeit auszuloten, seine berufliche Selbstsicherheit wiederzugewinnen und seine Ängste vor einer beruflichen Überforderung sowie einem krankheitsbedingten Rückfall zu mildern. Die Rückfallquote aufgrund einer Überforderung des Arbeitnehmers sinkt damit deutlich. Die stWe ist ein sehr sinnvolles Instrument, um dem wiedergenesenen Arbeitnehmer einen sanften Wiedereinstieg in die Berufstätigkeit zu ermöglichen und ihn längerfristig in den Arbeitsprozess zu integrieren. Während der stWE ist der Arbeitnehmer arbeitsunfähig krank und sein Krankengeld-, Übergangsgeld- oder Verletztengeldanspruch bleibt erhalten, sofern der Arbeitgeber kein Gehalt zahlt.
- Gestaltung der stufenweisen Wiedereingliederung: Die Gestaltung der stWE erfolgt alleine zwischen dem Arbeitnehmer, dem behandelnden Arzt und der Krankenkasse. Der Arbeitgeber hat - entgegen einer weitverbreiteten Auffassung - kein Mitbestimmungsrecht oder gar die Macht die stWE zu verhindern, sofern diese ihm zumutbar ist. Trotzdem sollte der Arbeitgeber frühzeitig informiert und in den Entscheidungsprozess mit einbezogen werden, um seine Akzeptanz für die stWE zu erhöhen. Der Wiedereingliederungsplan sollte dem Arbeitgeber also nicht kommentarlos übersendet werden. Dies ist eine taktisch sehr unkluge Vorgehensweise, die trotzdem häufig von Ärzten und auch einigen Rechtsanwälten empfohlen wird. Zum Nutzen aller Beteiligten sollten die entscheidenden Personen im Betrieb in den Prozess integriert werden. Der Arbeitnehmer sollte gegenüber diesen Personen seine Gesprächsbereitschaft signalisieren. Die frühzeitige Einschaltung eines auf Arbeitsrecht und Sozialrecht spezialisierten Rechtsanwaltes ist empfehlenswert.
- Durchsetzung der stufenweisen Wiedereingliederung:
Leider zeigt sich der Arbeitgeber trotz aller Bemühungen des Arbeitnehmers häufig sehr unkooperativ. Er lehnt eine stWE ohne nachvollziehbare Begründung einfach ab. In solchen Fällen sollten nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um den Arbeitgeber umzustimmen. Die stufenweise Wiedereingliederung kann in einem Hauptsacheverfahren oder in einem einstweiligen Verfügungsverfahren durchgesetzt werden. Im Falle einer endgültigen Verweigerung des Arbeitgebers kommen Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers in Betracht.
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