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Auf dieser Seite werden wir Ihnen aktuelle Entscheidungen der Gerichte und Rechtsfälle aus den Bereichen Arbeitsrecht, Sozialrecht, Mietrecht und Allgemeines Zivilrecht vorstellen. Bitte beachten Sie unsere Haftungshinweise. < >
Unfallrente und Alkoholfahrt
Urteil des Hessischen Landessozialgerichtes, Az: L 9 U 154/09: Der Arbeitnehmer war mit 2,2 Promille auf dem Heimweg von der Arbeit mit dem PKW tödlich verunglückt. Die Berufgenossenschaft verweigerte der Ehefrau die Auszahlung einer Unfallrente. Nach Auffassung des Gerichtes ist der Alkoholmißbrauch eine eigenverantwortliche Schädigung. Eine Verletzung der Fürsorgepflicht wäre nur in Frage gekommen, wenn der Arbeitgeber den Alkoholkonsum geduldet hätte und keine Vorkehrungen gegen das Autofahren im verkehrsuntüchtigen Zustand getroffen hätte. Im gesamten Betrieb bestand jedoch ein striktes Alkoholverbot. Ferner standen den Arbeitnehmern alkoholfreie Getränke zur Verfügung.
Aus für ELENA
Am 28.09.2011 wurde das endgültige Aus für das Verfahren über den elektronischen Entgeltnachweis (ELENA) beschlossen (BT-Drucksache: 17/6851).
Weihnachten und Heizungsausfall
Amtsgericht Frankfurt: fällt über die Weihnachtsfeiertage die Heizung aus, berechtigt dies den Mieter mindestens zu einer Mietkürzung von 1/4. Der Heizungsausfall im Winter stelle einen erheblichen Mangel dar. Die Klage der Vermieterin auf Zahlung des vollständigen Mietzinses blieb ohne Erfolg.
Chi-Test; Friseurin gegen Finanzamt
Urteil des Finanzgerichtes Rheinland-Pfalz vom 24.08.2011, Az: 2 K 1277/10: Auffälligkeiten beim"Chi-Test" berechtigen nicht zur Beanstandung der Buchführung und zur Schätzung eines höheren Umsatzes und Gewinns, wenn keine weiteren Mängel der Buchführung gegeben sind. Der "Chi-Test" erscheine außerdem für einen Friseursalon ungeeignet, bei dem für die Leistungen ausschließlich volle bzw. halbe Euro-Beträge berechnet würden - das Urteil hält hoffentlich vor dem BFH stand. Es dürfte ferner auf Freiberufler und weitere Kleingewerbetreibende zu übertragen sein. Mit dem „Chi-Quadrat-Test“ untersucht das Finanzamt die Verteilungseigenschaften einer statistischen Grundgesamtheit. Der Test stellt eine Methode dar, bei der festgestellte und erwartete Häufigkeiten von Zahlen miteinander verglichen werden. Der Grundgedanke des Testes ist der, dass der Steuerpflichtige, der bewusst unzutreffende Werte in das Kassenbuch einträgt und damit die Einnahmen schönt, unbewusst eine Vorliebe für gewisse Lieblingszahlen hat. Aus diesem Grund verwendet er diese Ziffern entsprechend häufiger. Das Finanzamt ist in Zeiten klammer Kassen wirklich erfindungsreich.
Rechengrößen in der Sozialversicherung 2012
Am 05.10.2011 wurden folgende neue Rechengrößen in der Sozialversicherung für 2012 beschlossen:
- Vorläufiges Durchschnittsentgelt in der Rentenversicherung: 32.446 €/Jahr (West) und 32.446 €/Jahr (Ost)
- Bezugsgröße in der Sozialversicherung: 2.625 €/Monat (West) und 2.240 €/Monat (Ost)
- Beitragsbemessungsgrenze allgemeine Rentenversicherung: 5.600 €/Monat (West) und 4.800 €/Monat (Ost)
- Beitragsbemessungsgrenze knappschaftliche Rentenversicherung: 6.900 €/Monat (West) und 5.900 €/Monat (Ost)
- Beitragsbemessungsgrenze gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung: 3.825 €/Monat (West) und 3.825 €/Monat (Ost)
- Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung: 4.237,50 €/Monat (West) und 4.237,50 €/Monat (Ost)
Diese Verordnung muss noch den Bundesrat passieren.
Quelle: Mitteilung der Bundesregierung vom 5.10.2011
GmbH-Geschäftsführer
BAG, Beschluss vom 15.03.2011, Az: 10 AZB 32/10: Für die Klage eines GmbH-Geschäftsführers gegen eine Kündigung ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben, wenn nicht das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis, sondern eine weitere Rechtsbeziehung, die als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist, betroffen ist.
Kindergeld und hohe Praktikumsvergütung
Urteil des BFH vom 09.06.2011, Az: III R 28/09: Entscheidung des BFH zum Kindergeld; Praktikanten können ihre Vergütung nicht um Miet- und Verpflegungskosten kürzen, wenn gleichzeitig der Wohnsitz am Studienort aufgegeben wird. Diese Aufwendungen sind durch den Jahresgrenzbetrag für eigene Einkünfte und Bezüge (= 7.680 Euro im Streitjahr 2005; heute 8.004 EUR) des Kindes abgegolten.
Besteuerung von Erwerbsminderungsrenten
Urteil des Bundesfinanzhofes vom 13.04.2011, Az: X R 54/09: Die Klägerin hat im Jahr 2005 Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente erworben. Diese Rente wurde mit einem Besteuerungsanteil von 50 Prozent der Steuer unterworfen. Wäre die Rente demgegenüber noch im Jahr 2004 (vor Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes) gezahlt worden, wäre sie nur mit einem Ertragsanteil von vier Prozent zu besteuern gewesen. Der BFH hatte bereits die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes im Hinblick auf die Altersrenten bejaht. Nach Auffassung des Gerichtes verstößt die Neuregelung auch in Bezug auf die Erwerbsminderungsrenten nicht gegen die Verfassung. Es bestehe kein entscheidender Unterschied zu den Altersrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Kündigungsschutzklage und Fristen
Urteil des BAG vom 22.07.2010, Az: 6 AZR 480/09: Auch wenn der Arbeitsvertrag keine Möglichkeit vorsieht, das Arbeitsverhältnis ordentlich zu kündigen und kein Tarifvertrag anwendbar ist, der ein entsprechendes Kündigungsrecht enthält, muss der Arbeitnehmer trotzdem rechtzeitig Kündigungsschutzklage erheben. Ansonsten ist die Kündigung wirksam.
Sachverhalt: Ein befristet eingestellter Mitarbeiter erhielt vor Ablauf seines Vertrages die Kündigung. Der Arbeitgeber hatte sich an die Kündigungsfrist aus dem Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe gehalten. Trotz der Entlassung bot der Mitarbeiter seine Arbeitskraft bis zum vereinbarten Ende der Vertragslaufzeit an und verklagte dann das Unternehmen auf den ausstehenden Lohn.
Entscheidung: Nach Auffassung des BAG verfolge der Arbeitnehmer mit seiner Klage das Ziel, die Unwirksamkeit der Kündigung zu dem vom Arbeitgeber gewählten Zeitpunkt feststellen zu lassen. Für Fälle wie diesen sehe das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) vor, innerhalb einer Dreiwochenfrist Klage zu erheben. Die Frist schaffe nach Auffassung des Gerichtes Rechtssicherheit, ob eine Kündigung ein Arbeitsverhältnis beendet habe oder nicht, so das Gericht. Anders als in Fällen, in denen Arbeitnehmer sich gerichtlich dagegen wenden, dass die Kündigungsfrist nicht eingehalten worden ist, akzeptiere der Mitarbeiter im vorliegenden Fall die Kündigung gerade nicht. Dann aber müsse der Kläger die Frist der Kündigungsschutzklage beachten. Weil der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhoben hatte, war die Kündigung wirksam - somit konnte er auch keinen Lohn ab dem Zeitpunkt der Entlassung verlangen.
Abmahnung für beschissenes Wochenende
Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 23.08.2011, Az: 3 Sa 150/11: Wer seinem Vorgesetzten ein „beschissenes Wochenende“ wünscht, riskiert nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes in Mainz eine Abmahnung. Zu den arbeitsvertraglichen Pflichten eines Mitarbeiters gehöre der respektvoll Umgang mit den Kollegen. Die Klage eines Betriebsratsvorsitzenden gegen die Abmahnung wurde abgewiesen. Dieser hatte auf Entfernung mehrerer Abmahnungen aus seiner Personalakte geklagt. Die angespannte Situation zwischen dem Betriebsrat und seinen Vorgesetzten bewertete das Gericht als unerheblich - Anstatt eine Abmahnung auszusprechen sollte sich das Unternehmen ernsthaft Sorgen um das entstandene Betriebsklima machen. Derartige verbale Auseindersetzungen sprechen für erhebliche klärungsbedürftige Differenzen zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat.