Beiträge zum Stichwort »Sozialrecht«
Unfallrente und Alkoholfahrt
Urteil des Hessischen Landessozialgerichtes, Az: L 9 U 154/09: Der Arbeitnehmer war mit 2,2 Promille auf dem Heimweg von der Arbeit mit dem PKW tödlich verunglückt. Die Berufgenossenschaft verweigerte der Ehefrau die Auszahlung einer Unfallrente. Nach Auffassung des Gerichtes ist der Alkoholmißbrauch eine eigenverantwortliche Schädigung. Eine Verletzung der Fürsorgepflicht wäre nur in Frage gekommen, wenn der Arbeitgeber den Alkoholkonsum geduldet hätte und keine Vorkehrungen gegen das Autofahren im verkehrsuntüchtigen Zustand getroffen hätte. Im gesamten Betrieb bestand jedoch ein striktes Alkoholverbot. Ferner standen den Arbeitnehmern alkoholfreie Getränke zur Verfügung.
Rechengrößen in der Sozialversicherung 2012
Am 05.10.2011 wurden folgende neue Rechengrößen in der Sozialversicherung für 2012 beschlossen:
- Vorläufiges Durchschnittsentgelt in der Rentenversicherung: 32.446 €/Jahr (West) und 32.446 €/Jahr (Ost)
- Bezugsgröße in der Sozialversicherung: 2.625 €/Monat (West) und 2.240 €/Monat (Ost)
- Beitragsbemessungsgrenze allgemeine Rentenversicherung: 5.600 €/Monat (West) und 4.800 €/Monat (Ost)
- Beitragsbemessungsgrenze knappschaftliche Rentenversicherung: 6.900 €/Monat (West) und 5.900 €/Monat (Ost)
- Beitragsbemessungsgrenze gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung: 3.825 €/Monat (West) und 3.825 €/Monat (Ost)
- Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung: 4.237,50 €/Monat (West) und 4.237,50 €/Monat (Ost)
Diese Verordnung muss noch den Bundesrat passieren.
Quelle: Mitteilung der Bundesregierung vom 5.10.2011
Kindergeld und hohe Praktikumsvergütung
Urteil des BFH vom 09.06.2011, Az: III R 28/09: Entscheidung des BFH zum Kindergeld; Praktikanten können ihre Vergütung nicht um Miet- und Verpflegungskosten kürzen, wenn gleichzeitig der Wohnsitz am Studienort aufgegeben wird. Diese Aufwendungen sind durch den Jahresgrenzbetrag für eigene Einkünfte und Bezüge (= 7.680 Euro im Streitjahr 2005; heute 8.004 EUR) des Kindes abgegolten.
Besteuerung von Erwerbsminderungsrenten
Urteil des Bundesfinanzhofes vom 13.04.2011, Az: X R 54/09: Die Klägerin hat im Jahr 2005 Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente erworben. Diese Rente wurde mit einem Besteuerungsanteil von 50 Prozent der Steuer unterworfen. Wäre die Rente demgegenüber noch im Jahr 2004 (vor Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes) gezahlt worden, wäre sie nur mit einem Ertragsanteil von vier Prozent zu besteuern gewesen. Der BFH hatte bereits die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes im Hinblick auf die Altersrenten bejaht. Nach Auffassung des Gerichtes verstößt die Neuregelung auch in Bezug auf die Erwerbsminderungsrenten nicht gegen die Verfassung. Es bestehe kein entscheidender Unterschied zu den Altersrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Impfschaden nach dem IfSG
Rechtsanwalt Christian Sehn Mannheim - Sozialrecht: das Hessische Landessozialgericht hat in einem Urteil aus dem Jahr 2007 die Kausalitätsüberlegungen des BSG im Hinblick auf den Impfschaden noch einmal treffend zusammengefasst: Für die Impfopferversorgung wie auch für die Kriegsopferversorgung gilt, dass die schädigende Einwirkung (Impfung), die gesundheitliche Schädigung (unübliche Impfreaktion) und die Schädigungsfolge (Dauerleiden) nachgewiesen und nicht nur wahrscheinlich sein müssen. Nur für den ursächlichen Zusammenhang genügt dagegen der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit !
Rechtschutz und Widerspruchsverfahren
Bisher haben sämtliche Rechtsschutzversicherungen immer eine Deckungsschutzzusage für das Widerspruchsverfahren im Sozialrecht (Hartz IV, Arbeitslosengeld, Krankenversicherungsrecht, Rentenrecht, Unfallversicherungsrecht, Schwerbehinderten- und Pflegeversicherungsrecht abgelehnt. Nach unseren Recherchen bieten nunmehr jedoch mehrere Rechtschutzversicherungen einen entsprechenden Versicherungsschutz günstig an. So hat z.B. die ARAG Rechtsschutzversicherung diese Versicherungsleistung in ihre neuen Versicherungsverträgen aufgenommen - eine Nachfrage während des Gespräches mit dem Versicherungsagenten lohnt sich also.
Mehrbedarfszuschlag für Warmwasser
Hinweis zum SGB II: Wir dürfen noch einmal darauf hinweisen, dass bei dezentraler Warmwasseraufbereitung (Gastherme und Durchlauferhitzer) ein Anspruch auf einen Mehrbedarfszuschlag besteht. Jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft erhält sodann einen Mehrbedarfszuschlag in unterschiedlicher Höhe. So erhält ein Mitglied einer BG mit dem Regelsatz 364,00 € einen Betrag in Höhe von 8,37 €. Bei mehreren Mitglieder der BG summiert sich der Gesamtbetrag sehr schnell zu einem passablen Sümmchen - jeder zweite kontrollierte Bescheid berücksichtigt diesen Mehrbedarfszuschlag noch nicht.
Sozialrecht und Überprüfungsantrag
Wer einen Verwaltungsakt erhalten hat, kann innerhalb eines Monats einen Widerspruch einlegen, sofern er den Bescheid für fehlerhaft hält. Ist diese Frist verstrichen, gibt es allerdings noch die Möglichkeit, einen Überprüfungsantrag zu stellen - Allerdings: neue Rechtslage ab März 2011. Der Überprüfungszeitraum wurde vom Gesetzgeber von vier Jahren auf ein Jahr verkürzt. Ganz offensichtlich war man es bei den Jobcentern leid, die eigenen fehlerhaften Entscheidungen über einen solch langen Zeitraum immer wieder korrigieren zu müssen.
Arbeitsplatz und Mobbing
Urteil des Sozialgerichtes Mannheim vom 09.03.1994:
Wird der Arbeitsplatz wegen Mobbing oder sonstigem psychischem Druck
aufgegeben, so stellt dies einen wichtigen Grund nach § 144 SGB III dar.
Die Arbeitsagentur kann daher, sofern die Nachweise ordnungsgemäß
geführt wurden, keine Sperrzeit aussprechen. Nach der aktuellen
Dienstanweisung der Bundesagentur für Arbeit muss der Arbeitslose
detailiert darlegen, worin die für ihn unzumutbare Situation bei seinem
ehemaligen Arbeitgeber bestand - in derartigen Fällen
muss man dem Rechtsuchenden empfehlen, frühzeitig anwaltlichen Rat eines
im Sozialrecht versierten Rechtsanwaltes einzuholen. Der Rechtsanwalt kann
durch rechtzeitige Kontaktaufnahme mit der Arbeitsverwaltung eine Klärung
der Angelegenheit herbeiführen und in vielen Fällen den Ausspruch
eines Sperrzeitbescheides verhindern.
Erkrankung und Meldepflicht bei ALG II
Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 23.07.2009, Az: L 5 AS 131/08
Sachverhalt: der Leistungsempfänger war den
Aufforderungen der ARGE, sich zu Besprechungsterminen im Hinblick auf das
Bewerbungsangebot zu melden, mehrfach wegen Erkrankung nicht
nachgekommen. Er hatte für jeden Termin
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen oder Bescheinigungen über
die Wahrnehmung von Arztterminen vorgelegt. Der Leistungsträger forderte
den Kläger daher auf, zukünftig Bescheinigungen des Arztes
vorzulegen, dass er aus gesundheitlichen Gründen die Meldetermine nicht
wahrnehmen kann. Da der Kläger dieser Aufforderung nicht folgte, wurde
sein ALG II abgesenkt. Hiergegen reichte er beim Sozialgericht Trier Klage
ein.
Entscheidung: das LSG hat die Abweisung der Klage
bestätigt. Die Erkrankung des Leistungsempfängers alleine reiche als
Entschuldigung nicht aus. Entscheidend sei vielmehr, ob der Kläger
krankheitsbedingt gehindert war, den Meldetermin wahrzunehmen. Wenn
begründete Zweifel daran bestehen, darf der Leistungsträger eine
über die Arbeitsunfähigkeit hinausgehende Bescheinigung über die
Unfähigkeit zur Wahrnehmung des Meldetermins verlangen. Auch die
Verschiebung eines Meldetermins wegen eines Arzttermins darf nur im Notfall
oder aus unaufschiebbaren Gründen erfolgen.
Kritik: die Unfähigkeit des
Leistungsempfängers, den Meldetermin bei der Behörde wahrzunehmen,
wird in aller Regel schon in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des
Arztes – quasi als Minus - enthalten sein. Eine zusätzliche
Bescheinigung ist weder erforderlich noch im Gesetz vorgesehen.