Anwalt und Weblog
Auf dieser Seite werden
wir Ihnen aktuelle Entscheidungen der Gerichte und Rechtsfälle aus den
Bereichen Arbeitsrecht, Sozialrecht, Mietrecht und Allgemeines Zivilrecht
vorstellen. Bitte beachten Sie unsere Haftungshinweise.
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Betriebsrat und Mitbestimmungsrecht
Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes vom 22. Juli 2008, Akz: 1 ABR 40/07:
Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht, wenn der Arbeitgeber durch sog.
Ethik-Richtlinien (codes of conduct) das Verhalten der Beschäftigten und
die betriebliche Ordnung regelt.
Diskriminerungsverbot
Urteil des EuGH, 17.07.2008, Akz: C-303/06: Diskriminierung eines
Arbeitnehmers, der Pflegeleistungen für sein behindertes Kind erbringt und
aufgrund dieser Situation eine Benachteiligung durch den Arbeitgeber
erfährt - *** lesenswerte Entscheidung
Kündigungsschutz und Kleinbetrieb
Urteil des BAG vom 26.06.2008, Akz: 2 AZR 264/07:
Der Kündigungsschutz gilt nicht in Kleinbetrieben. Will deshalb ein
Arbeitnehmer im Prozess geltend machen, eine ordentliche Kündigung sei
sozial ungerechtfertigt und unwirksam, so muss er darlegen und beweisen, dass
im Betrieb des Arbeitgebers die erforderliche Beschäftigtenzahl (mehr als
zehn Arbeitnehmer; § 23 Abs. 1 KSchG) erreicht ist. Es reicht aus, wenn
der Arbeitnehmer die ihm bekannten Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass
kein Kleinbetrieb vorliegt. Der Arbeitgeber muss sich dann zur Anzahl aller
Arbeitnehmer im Betrieb erklären. Bleibt aber auch nach der Beweiserhebung
noch unklar, ob Kündigungsschutz besteht, dann
gehen die Zweifel zu Lasten des Klägers (=Arbeitnehmer).
Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.03.2008, Akz: L 3 AS
127/07:
Schönes Urteil zu den sog. 1-Euro-Jobs. Eine Arbeitszeit von 30 Stunden
pro Woche (+ Fahrzeiten zur Arbeit) ist im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit mit
Mehraufwandsentschädigung (MAE) nicht mehr zumutbar. Es muss dem
erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ausreichend Zeit für Bewerbung
auf Stellen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verbleiben. Die ARGE hatte dem
Kläger den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung mit einer
Arbeitsgelegenheit von 30 Stunden wöchentlich für drei Monate bei
einer Mehraufwandsentschädigung von 1,25 Euro je Arbeitsstunde angeboten.
Der Kläger hat den Abschluss dieser Vereinbarung ablehnt. Die ARGE hat
daraufhin als direkte Reaktion die Regelleistung des Arbeitslosengeldes II um
30 % gekürzt. Das LSG hob die Entscheidung des Sozialgerichtes und die
angefochtenen Bescheide auf. Nach Ansicht des Landessozialgerichtes ist eine
Wochenarbeitszeit von 30 Stunden und zusätzlich 45 Minuten pro Strecke von
der Wohnung zum Einsatzort nicht zulässig. Die Arbeitsuche erfordere
ausreichend Zeit für das Lesen von Arbeitsangeboten, das Schreiben von
Bewerbungen, das Bewerbungsgespräch bei Arbeitgebern und das Aufsuchen der
Agentur für Arbeit - ***
Bundesrechnungshof, 1-Euro-Job und Jobcenter
Der Bundesrechnungshof hat deutliche Kritik an der Arbeit der Job-Center
geübt.
1. viele Arbeitssuchende würden nicht beraten
und
2. mit 1-Euro-Jobs werde in großem Stil Missbrauch getrieben.
Missbrauch stellten die Prüfer des Bundesrechnungshofes vor allem bei den
1-Euro-Jobs fest. Nach Auskunft der Pressestelle war bei zwei Drittel der
geprüften Maßnahmen mindestens eine Fördervoraussetzung nicht
erfüllt. Es wurden verschärfte Kontrollen angekündigt
- Zur Erinnerung dürfen wir noch einmal darauf
hinweisen, dass die Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung
mehrere Voraussetzungen erfüllen müssen:
- im öffentlichen Interesse liegen
- auf zusätzliche Arbeiten beschränkt sein
- verhältnismäßig sein
- ausreichend bestimmt sein
- zur Eingliederung in die Arbeit geeignet sein
- Der Träger der Maßnahme muss ferner gewisse geforderten Standards erfüllen
Model und Kündigung
Urteil Landgericht München, Akz: 7O 686/05:
Bei einem Model vorhandene Hautunreinheiten sind kein Kündigungsgrund. Der
Juwelier muss der Modelagentur das vereinbarte Honorar in voller Höhe
bezahlen. Die Agentur hatte den Auftraggeber im Vorfeld der Katalogaufnahmen
auf die Hautunreinheiten hingewiesen.
GEZ und Anwalt
Urteil des Verwaltungsgerichtes Koblenz vom 15.7.2008, 1 K 496/08.KO:
Ein Rechtsanwalt muss für seinen beruflich genutzten PC mit
Internetanschluss keine Rundfunkgebühren tragen. Nach Ansicht des
Gerichtes ist der Anwalt kein Rundfunkteilnehmer. Er könne mit seinem PC
zwar über seinen Browser Sendungen der öffentlich-rechtlichen Sender
empfangen, dies rechtfertige aber nicht die Erhebung von Rundfunkgebühren.
Ein PC in Geschäftsräumen oder Kanzleiräumen werde
typischerweise nicht als Empfangsgerät verwendet - **** Urteil aktuell noch nicht rechtskräftig; Urteil dürfte auch für alle anderen Freiberufler und auch
sonstige Gewerbetreibende gelten.
Online-Banking und Phishing-Attacke
Urteil des Amtsgerichtes Wiesloch, Akz: 4 C 57/08:
Wenn der Bankkunde eine gängige Anti-Virensoftware mit aktueller
Virenkennung verwendet, dann muss die Bank den Schaden tragen, der durch
Datenklau aufgrund einer Phishing-Attacke entstanden ist - *** - Urteil noch nicht rechtskräftig !
Verringerung der regelmäßigen Arbeitszeit
Urteil des BAG vom 24.06.2008, Akz: 9 AZR 514/07:
Der Arbeitnehmer kann sein Angebot auf Verringerung der
regelmäßigen Arbeitszeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz
(§ 8 Abs. 2 TzBfG) davon abhängig machen, dass der Arbeitgeber auch
seinem Verteilungswunsch zustimmt. Der Arbeitsnehmer unterbreite mit seinem
Wunsch ein einheitliches Vertragsangebot. Er dürfe auf Grund des
Ergebnisses der Erörterung seinen Verteilungswunsch erstmals
äußern oder einen vorher geäußerten Verteilungswunsch
ändern. Danach sei er aber an seinen Verteilungswunsch gebunden.
Die Klägerin durfte deshalb ihren Verteilungswunsch nicht mehr im
Prozess ändern. Ihr verbleibt nur, erneut die Verringerung der
Arbeitszeit zu beantragen und die Festlegung der nunmehr gewünschten
Verteilung zu verlangen.
Wochenende und Rufbereitschaft
Urteil LAG Hessen vom 06.11.2007, Akz: 12 Sa 1606/06:
Die Weigerung eines Mitarbeiters an Wochenenden Rufbereitschaft zu leisten,
rechtfertigt keine ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers, wenn es an
einer entsprechenden arbeitsvertraglichen oder kollektivrechtlichen
Verpflichtung zur Ableistung solcher Dienste fehlt. Grundsätzlich kommt
eine verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitnehmers bei der beharrlichen
Verletzung von Arbeitspflichten (nach vorheriger Abmahnung !) immer in
Betracht. Ein Mitarbeiter kann allerdings Aufgaben, die der Arbeitgeber unter
Überschreitung des Direktionsrechts nach Art, Zeit und Ort zuweist,
ablehnen.