Anwalt und Weblog
Auf dieser Seite werden
wir Ihnen aktuelle Entscheidungen der Gerichte und Rechtsfälle aus den
Bereichen Arbeitsrecht, Sozialrecht, Mietrecht und Allgemeines Zivilrecht
vorstellen. Bitte beachten Sie unsere Haftungshinweise.
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Kein Erziehungsgeld für Grenzgänger
Urteil des EuGH vom 18.07.2007, Akz: C-213/05:
Leitsatz: "Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/ 68 des Rates vom
15.10.1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der
Gemeinschaft steht einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats nicht
entgegen, die eine Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaats, die in
diesem Staat wohnt und im erstgenannten Mitgliedstaat eine geringfügige
Beschäftigung (zwischen 3 und 14 Stunden je Woche) ausübt, vom Bezug
einer sozialen Vergünstigung, wie des deutschen
Erziehungsgelds, ausschließt, weil sie im erstgenannten
Mitgliedstaat weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt hat"
- Die Klägerin ist niederländische
Staatsangehörige und hat in Deutschland (Nordrhein-Westfalen) gearbeitet.
Die Klage war in der ersten Instanz und in der Berufungsinstanz gescheitert. In
der Revisionsinstanz hat das BSG das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH zur
Vorabentscheidung vorgelegt.
SGB II und Heizkosten
Urteil des Sozialgerichtes Dortmund vom
19.11.2007, Akz: S 32 AS 114/07:
Hält der Grundsicherungsträger die Heizkosten eines ALG
II-Empfängers für zu hoch, muss er diesen zunächst darauf
hinweisen und auffordern, die überhöhten
Heizkosten auf ein angemessenes Maß zu senken. Eine Kürzung der zu erstattenden Heizkosten kommt
nur in Betracht, wenn dem Leistungsempfänger außerdem
unwirtschaftliches Verhalten nachzuweisen ist und es dem Hilfebedürftigen
grundsätzlich möglich gewesen ist, sein Heizverhalten dem
durchschnittlichen Verbrauch der Mitbewohner seines Hauses anzupassen.
Elternzeit und Urlaubsanspruch
Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom13.12.2007, Akz: 10 Sa 500/07:
Ein Urlaubsanspruch, der vor oder während der Elternzeit angefallen ist,
muss sofort nach dem Ende der Elternzeit, spätestens aber bis zum Ablauf
des Jahres nach deren Ende genommen werden. Auch wenn im Anschluss an die erste
Elternzeit eine weitere Elternzeit folgt. Der Mitarbeiter/in hat keinen
Anspruch darauf, dass am Ende der zweiten Elternzeit der insgesamt angefallene
Resturlaub zusammengerechnet werde. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung
der Sache ist die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
Kündigung und Integrationsamt
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 13. Februar 2008, Akz: 2 AZR
864/06:
Wenn der Arbeitgeber einem schwerbehinderten Arbeitnehmer in Kenntnis von
dessen Schwerbehinderteneigenschaft kündigt, ohne zuvor die erforderliche
Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung nach § 85
SGB IX einzuholen, so kann der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der
Kündigung bis zur Grenze der Verwirkung gerichtlich geltend machen. D.h.
nach § 4 Satz 4 KSchG beginnt in derartigen Fällen die
dreiwöchige Klagefrist gem. § 4 Satz 1 KSchG erst ab der
Bekanntgabe der behördlichen Entscheidung an den Arbeitnehmer.
Schwarzarbeit und Sozialversicherung
Urteil des Sozialgerichtes Dortmund vom 25.01.2008, Akz: S 34 R 50/06: Bereits der Umstand von Schwarzarbeit lässt den Schluss zu, dass es auch Ziel des Arbeitgebers gewesen ist, sozialversicherungsrechtliche Pflichten zu umgehen. Vorsätzlich vorenthaltene Sozialversicherungsbeiträge verjähren erst nach 30 Jahren.
Niedriglohnbeschäftigung
Neue Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität
Duisburg-Essen:
- Von allen abhängig Beschäftigten war 2006 jeder Fünfte gering
bezahlt (Anstieg zu 1995 um 43%);
- Der Anteil von Beschäftigten mit abgeschlossener Berufsausbildung am
Niedriglohnbereich ist von 58,6% (1995) auf 67,5% (2006) deutlich
gestiegen.
- Fazit der IAQ: Im internationalen Vergleich hat Deutschland inzwischen einen
hohen Anteil von Niedriglöhnen und eine fast beispiellose
Ausdifferenzierung des Lohnspektrums nach unten
weiter...
Arbeitslosengeld und Bezugsdauer
Arbeitslosengeld I wird rückwirkend für Beschäftigungslose über 50 Jahre wieder länger gezahlt. Die Bezugsdauer wird zum 1. Januar auf bis zu 24 Monate ausgeweitet. Dies hat der Bundestag mit den Stimmen von Union, SPD und Linksfraktion beschlossen. Erst vor zwei Jahren war die Auszahlungsdauer von maximal 32 auf 18 Monate gekürzt worden. Über 50-Jährige erhalten nunmehr Arbeitslosengeld I bis zu 15 Monate, über 55-Jährige bis zu 18 Monate und über 58-Jährige bis zu 24 Monate.
Kündigungsschutzprozess und Vergleich
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 23. Januar 2008, Akz:5 AZR
393/07:
Sachverhalt: Die Klägerin und der Arbeitgeber haben anlässlich eines
Kündigungsschutzprozesses im Dezember 2003 einen Vergleich mit folgendem
Inhalt abgeschlossen: „Das zwischen den Parteien bestehende
Arbeitsverhältnis wird auf Grund fristgemäßer,
arbeitgeberseitiger Kündigung aus betriebsbedingten Gründen mit dem
31.03.2004 sein Ende finden. Bis zu diesem Zeitpunkt wird das
Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abgerechnet, wobei die
Klägerin ab 15.12.2003 unwiderruflich unter Fortzahlung der Bezüge
und unter Anrechnung auf bestehende Urlaubsansprüche von der
Arbeitsleistung freigestellt wird.“
Die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als sechs Wochen
arbeitsunfähig krank. Nach ihrer Behauptung hatte sie nach dem
Vergleichsabschluss ihre Arbeitsfähigkeit jedoch wiedererlangt (Anmerkung:
die Zahlungsplicht des Arbeitgebers endet nach dem EntgeltfortzahlungsG nach 6
Wochen ! Der Arbeitnehmer erhält dann Krankengeld nach § 47 SGB
V. Dieses beträgt 70 % des letzten Bruttogehaltes - höchstens 90
Prozent des Nettoeinkommens). Die Beklagte zahlte im Dezember 2003 keine und im
Januar 2004 nur eine anteilige Vergütung.
Vereinbaren die Parteien die unwiderrufliche Freistellung des Arbeitnehmers von
der Arbeit
unter Fortzahlung seiner Bezüge, so führt die Auslegung dieser
Vereinbarung im Allgemeinen nur dazu, dass die Arbeitspflicht entfällt.
Ein Anspruch auf Arbeitsvergütung über die
gesetzlichen Grundlagen hinaus wird aber nicht begründet. Ist eine
entsprechende Zahlungspflicht des Arbeitgebers vorgesehen, so bedarf dies einer
ausdrücklichen Regelung. Eine solche Regelung wurde nicht
getroffen. Die Beklagte sollte lediglich ohne Rücksicht auf die
Freistellung „ordnungsgemäß abrechnen“ und schuldet
daher die Arbeitsvergütung nur bei Arbeitsfähigkeit der Klägerin
oder nach den gesetzlichen Vorschriften über die Entgeltfortzahlung. Auf
die Revision der Beklagten hat der Senat das Urteil des LAG aufgehoben und den
Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen.
ALG II und Einbürgerung
Urteil des Verwaltungsgerichtes Stuttgart vom 10.09.2007, Akz.: 11 K
2187/06:
Der unverschuldete Bezug von Arbeitslosengeld II oder von Sozialhilfe steht der
Einbürgerung nicht entgegen. Sachverhalt: Der 43 Jahre alte Kläger
reiste im Dezember 1992 aus Angola in das Bundesgebiet ein. Er betreut drei
minderjährige Kinder, darunter die ebenfalls klagenden sieben- bzw.
achtjährigen nicht ehelichen Söhne (seine Lebensgefährtin war im
Jahre 2006 verstorben). Die Kinder sind derzeit im Besitz von
Aufenthaltserlaubnissen und der Vater hat eine unbefristete
Niederlassungserlaubnis. Seit 2005 bezieht der Vater Arbeitslosengeld II.
Nachdem der Antrag im Jahr 2003 auf Einbürgerung vom Landratsamt nicht
entschieden wurde, erhoben die Kläger im Juni 2006 Klage zum
Verwaltungsgericht. Das VG Stuttgart hat nun rechtskräftig entschieden.
Das beklagte Land Baden-Württemberg wurde verpflichtet, die Kläger in
den deutschen Staatsverband einzubürgern.
Mietmangel und Aufwendungsersatz
Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 16.01.2008, Akz: VIII ZR
222/06:
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (u.a. zuständig für das
Wohnraummietrecht) hat entschieden, dass der Mieter einer Wohnung, der
eigenmächtig einen Mangel der Mietsache beseitigt, ohne dass der Vermieter
mit der Mangelbeseitigung in Verzug ist oder
die umgehende Beseitigung des Mangels zur Erhaltung oder Wiederherstellung der
Mietsache notwendig ist, keinen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen zur
Mangelbeseitigung hat.