Anwalt und Weblog
Auf dieser Seite werden
wir Ihnen aktuelle Entscheidungen der Gerichte und Rechtsfälle aus den
Bereichen Arbeitsrecht, Sozialrecht, Mietrecht und Allgemeines Zivilrecht
vorstellen. Bitte beachten Sie unsere Haftungshinweise.
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Amazon und Geschenkgutschein
Urteil des Oberlandesgerichtes München vom 17.01.2008, Akz: 29 U
3193/07:
Der Internethändler Amazon darf die Gültigkeit von
Geschenkgutscheinen nicht auf ein Jahr befristen. Gutscheine und
Restguthaben verfallen erst nach drei Jahren. Die Verbraucherzentrale
Baden-Württemberg hatte dieses Urteil im April 2007 vor dem Landgericht
München erstritten.
Mangelnde Arbeitsleistung
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 17. Januar 2008, Akz: 2 AZR
536/06:
Nach § 1 Abs. 2 KSchG kann die verhaltensbedingte Kündigung eines leistungsschwachen
Arbeitnehmers gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer seine
arbeitsvertraglichen Pflichten durch fehlerhafe Arbeit vorwerfbar verletzt. Ein
Arbeitnehmer genügt seiner Vertragspflicht, wenn er unter angemessener
Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit
arbeitet.
Alleine die Tatsache, dass der Arbeitnehmer die durchschnittliche
Fehlerhäufigkeit aller anderen vergleichbaren Mitarbeiter
überschreitet, stellt noch keinen Verstoß gegen seine
Arbeitspflichten dar. Die längerfristige deutliche Überschreitung der
durchschnittlichen Fehlerquote kann je nach tatsächlicher Fehlerzahl, Art,
Schwere und Folgen der fehlerhaften Arbeitsleistung allerdings ein Anhaltspunkt
für die vorwerfbare Verletzung seiner vertraglichen Pflichten sein. Legt
der Arbeitgeber die längerfristigen, erheblich unterdurchschnittlichen
Leistungen des Arbeitnehmers im Gerichtsprozess dar, so muss der Arbeitnehmer
erläutern, dass er trotzdem seine Leistungsfähigkeit
ausgeschöpft hat.
Kürzung der Pendlerpauschale
Beschluss des Bundesfinanzhofes 10.01.2008, Akz: VI R 17/07:
Der BFH ist der Meinung, dass die Versagung des Werbungskostenabzugs von
Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
verfassungswidrig ist. Leitsatz: "Es wird eine Entscheidung
des BVerfG darüber eingeholt, ob § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG i.d.F. des
StÄndG 2007 insoweit mit dem GG vereinbar ist, als danach Aufwendungen des
Arbeitnehmers für seine Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger
Arbeitsstätte keine Werbungskosten sind und keine weiteren
einkommensteuerrechtlichen Regelungen bestehen, nach denen die vom Abzugsverbot
betroffenen Aufwendungen ansonsten die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage
mindern."
Ehrenmord und Sorgerecht
Beschluss des
Bundesverfassungsgerichtes vom 12.12.2007, Akz: 1 BvR 2697/07:
Verweigerung des Sorgerechtes nach Ermordung der Kindesmutter und deren
Lebensgefährten; Mit – nicht angegriffenem – Beschluss vom
23. März 2007 stellte das Familiengericht fest, dass die elterliche
Sorge nicht auf den Vater zu übertragen sei. Der Vater komme weiterhin als
Mörder der Mutter in Betracht. Zwar sei er nicht angeklagt worden und die
Anklage seines Bruders habe mit einem Freispruch geendet. Nach den
Feststellungen in den Urteilsgründen bestehe aber kein Zweifel, dass es
sich bei der Tötung der Mutter um einen so genannten Ehrenmord handele,
der entweder vom Vater oder einem seiner beiden Brüder begangen worden
sei. Es entspreche daher nicht dem Kindeswohl, dem Vater, der sich zur Tat
nicht geäußert und von dieser auch nicht distanziert habe, die
elterliche Sorge zu übertragen.
Nach dem Tod der allein sorgeberechtigten Mutter sei in verfassungskonformer
Auslegung des § 1680 Abs. 2 Satz 2 BGB die elterliche Sorge
grundsätzlich dem Vater zu übertragen, weil dies
regelmäßig dem Kindeswohl diene. Eine Übertragung habe jedoch
zu unterbleiben, wenn – wie hier – konkret feststellbare
Kindesinteressen der Übertragung widersprächen. Dem
Beschwerdeführer fehle jegliches Gespür und Verständnis für
die Traumatisierung des Kindes.
Gegen eine Übertragung der elterlichen Sorge auf den Kindesvater spreche
weiterhin, dass er nicht über die erforderliche Bindungstoleranz
verfüge. Er lehne Kontakte des Sohnes zu den Großeltern
mütterlicherseits ab und würde sie zur Schwester nur begleitet
zulassen. Letztlich bestehe derzeit keine emotional tragfähige Bindung
zwischen Sohn und Vater. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts verletzt den
Beschwerdeführer nicht in seinem Elternrecht und ist daher nicht zu
beanstanden.
ALG II und Fahrtkosten
Urteil des Bundessozialgerichtes
vom 06.12.2007, Akz: B 14/7b AS 50/06
R:
Sachverhalt: Der Kläger wurde durch den Jobcenter Augsburg aufgefordert,
zwei Beratungstermine/Meldetermine wahrzunehmen. Er kam dieser Aufforderung
nach und verlangte anschließend Erstattung seiner entstandenen
Fahrtkosten in Höhe von 1,76 € für die einfache Fahrt. Die
Beklagte lehnte mit der Begründung ab, dass die Erstattung von Reisekosten
eine Ermessensleistung sei und erst ab einer Bagatellgrenze von 6,00 € in
Betracht komme. Das Landessozialgericht verurteilte den Jobcenter in der
Berufungsinstanz zur Übernahme der Kosten.
Das Bundessozialgericht hat die Revision der beklagten Arge
zurückgewiesen. Bei der Festlegung einer Bagatellgrenze sei zu
berücksichtigen, dass Empfänger von Hartz-IV-Leistungen nur sehr
wenig Geld zur Verfügung hätten.
Mutterschutz und Sozialrecht
Beschluss des Sozialgerichtes Aachen vom 23.07.2007, Akz: S 21 AL 38/06:
Das Sozialgericht in Aachen hält die gesetzlichen Regelungen für die
Berechnung des Arbeitslosengeldes (§ 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III) für
verfassungswidrig, soweit sie zu Nachteilen für Mütter führen,
die wegen des Mutterschutzes eine versicherungspflichtige Beschäftigung
unterbrochen haben. Die Angelegenheit wurde dem Bundesverfassungsgericht
vorgelegt.
Das Sozialgericht hat seine Zweifel, ob es mit dem Grundgesetz (Art. 6 Abs. 4
GG) vereinbar ist, dass die sozialrechtlichen Rechtsgrundlagen die Zeiten des
Mutterschutzes nicht umfassen.
Lehrer und Befristung
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 19. Dezember 2007, Akz: 5 AZR
260/07:
Die Klägerin arbeitete als angestellte Lehrkraft in Hessen. Das
Arbeitsverhältnis war befristet für den Zeitraum August 2004 bis Juli
2005. In diesem Zeitraum erhielt die Klägerin die
vertragsgemäße Vergütung - in den anschließenden
Schulsommerferien war sie arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld I
(Lehrkräfte ohne Befristung erhalten auch während der Schulferien die
volle monatliche Vergütung). Die Klägerin ist der Auffassung, das
beklagte Land sei verpflichtet, ihr auch für die Dauer der an das
Arbeitsverhältnis anschließenden unterrichtsfreien Zeit eine
Vergütung zu zahlen. Arbeitsgericht, Landesarbeitsgericht und
Bundesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Nach § 4 Abs. 2
TzBfG darf ein Arbeitnehmer wegen der Befristung seines
Arbeitsverhältnisses nicht schlechter behandelt werden als ein
Arbeitnehmer mit unbefristetem Arbeitsvertrag. Ausnahme: sachliche Gründe
rechtfertigen eine unterschiedliche Behandlung. Eine schlechtere Behandlung
wäre z.B. eine geringere Bezahlung für die gleiche Arbeitsleistung im
Vergleich zu den Vollzeitbeschäftigten oder das Vorenthalten von
Vergünstigungen wegen der Befristung. Eine schlechtere Behandlung der
befristet angestellten Lehrer liegt nach Ansicht des BAG nicht vor, denn
Lehrkräfte - deren Arbeitsverhältnis während des laufenden
Schuljahres endet - erhalten auch keine Vergütung für Ferien nach dem
Ausscheiden aus dem Schuldienst. Ebenso wenig liegt eine Schlechterstellung im
Vergleich zu Lehrern vor, deren Arbeitsverhältnis über das Ende des
Schuljahres hinaus fortbesteht, weil deren Arbeitspflicht in der
unterrichtsfreien Zeit nicht entfällt - ↓↓
Das beschriebene Verfahren ist mittlerweile gängige Praxis bei den
Schulämtern.
Wertermittlungsgutachten
Urteil des Landgerichtes Stuttgart vom 24.04.07, Akz: 20 O 9/07: Die Kosten für ein Wertermittlungsgutachten (ca. 150-500 €) bei der Finanzierung von Immobilien dürfen von den Banken und Bausparkassen nicht auf den Kunden abwälzt werden - *** begrüßenswertes Urteil - Die Kunden bekommen diese "Gutachen" meistens nicht einmal zu sehen. In vielen Fällen enthalten diese fiktive Angaben sowie Zahlen und sind daher unbrauchbar.
Pflegeleistungen
Rechtsanwalt Christian Sehn - Mannheim - Sozialrecht/Steuerrecht:
1. als außergewöhnliche Belastungen in der Steuererklärung
(Zeile 103-105) abzugsfähig sind die Kosten der Pflegestufe
"0" (d.h. Ihre Krankenkasse und der Medizinische Dienst der
Krankenversicherungen MDK waren der Meinung, dass die Voraussetzungen der
Pflegestufe I-III noch nicht erfüllt sind).
2. die Aufwendungen für die Inanspruchnahme von Pflege- und
Betreuungsleistungen (Pflegestufe I-III) für die eigene Person oder
für eine im Haushalt des Steuerpflichtigen wohnenden Person können in
Zeile 111 der Steuererklärung steuermindernd geltend gemacht werden.
SGB II und Verfügungstext
Rechtsanwalt Christian Sehn - Mannheim - Sozialrecht:
Die Absenkung des Arbeitslosengeldes II (Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes nach dem SGB II) durch Bescheid mit folgendem
Verfügungstext ist rechtswidrig: "der Ihnen zustehende Anteil
des Arbeitslosengeldes II wird unter Wegfall des eventuell zustehenden
Zuschlags nach § 24 SGB II für die Zeit vom 01.06.2007 bis 31.08.2007
monatlich um 10 % der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des
Ihnen zustehenden Auszahlungsbetrages, abgesenkt. Daraus ergibt sich eine
Absenkung in Höhe von maximal 35,00 € monatlich" - gegen diesen Bescheid sollten Sie Widerspruch und ggfls. Klage
einlegen. Auch die Rechtskraft des Bescheides - ein
Monat nach Zugang des Verwaltungsaktes - ist in einem solchen Fall kein
Hindernis.