Anwalt und Weblog
Auf dieser Seite werden
wir Ihnen aktuelle Entscheidungen der Gerichte und Rechtsfälle aus den
Bereichen Arbeitsrecht, Sozialrecht, Mietrecht und Allgemeines Zivilrecht
vorstellen. Bitte beachten Sie unsere Haftungshinweise.
< >
















Kündigung und Schwerbehinderung
Urteil des BAG vom 08.11.2007, Akz: 2 AZR 425/06:
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten bedarf
gem. § 85 SGB IX der vorherigen Zustimmung durch das Integrationsamt.
Ohne Zustimmung des Integrationsamtes ist eine ausgesprochene
Kündigung unwirksam. Gem. § 88 Abs. 3 SGB IX kann der
Arbeitgeber (sofern das Integrationsamt der Kündigung zugestimmt hat)
innerhalb eines Monats die Kündigung erklären. Bei unverändertem
Kündigungsgrund kann die Kündigung auch mehrfach ausgesprochen
werden. Hintergrund: der Arbeitgeber war sich unsicher, ob die
erste Kündigung formell korrekt ausgesprochen worden war und hat daher zur
Sicherheit eine zweite Kündigung zugestellen lassen. Die Arbeitnehmerin
und Klägerin war der Ansicht, die zweite Kündigung sei unwirksam, da
durch die erste Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes
"verbraucht" worden sei. Für die zweite Kündigung hätte erneut
die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt werden müssen.
Betriebsübergang und Vertragsänderung
Urteil des BAG vom 07.11.2007, Akz: 5 AZR 1007/06:
§ 613 a BGB hindert Arbeitnehmer und Betriebsübernehmer
nicht, nach einem Betriebsübergang
einzelvertraglich die mit dem Betriebsveräußerer vereinbarte
Vergütung abzusenken. Eine solche Vereinbarung bedarf keines sie
rechtfertigenden Sachgrundes.
Finanzamt und Arbeitsagentur
Beschluss des Bundesfinanzhofes
vom 04.10.2007, Akz: VII B
110/07
Leitsatz der Entscheidung:
"Die Offenbarung durch das Steuergeheimnis geschützter Verhältnisse
zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens zur Rückforderung von
Arbeitslosengeld setzt nicht voraus, dass die Finanzbehörde festgestellt
hat, dass die Kenntnis der zu offenbarenden Tatsachen die Rückforderung
rechtfertigt oder mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit rechtfertigen wird;
ausreichend ist insofern, dass die Tatsachen für die Durchführung
eines solchen Verwaltungsverfahrens überhaupt geeignet sind."
Zum Sachverhalt: Der Antragsteller hat zwischen 2002 und 2004
Arbeitslosengeld erhalten. Bei einer Außenprüfung stellte das
Finanzamt erhebliche Einkünfte des Antragsstellers aus freiberuflicher
Tätigkeit und aus Gewerbebetrieb in genau diesem Zeitraum fest. Dieses
Ergebnis sollte der Arbeitsagentur durch das Finanzamt mitteilt werden. Der
Antragsteller wollte dies mit einer einstweiligen Verfügung - gerichtet
gegen das Finanzamt - verhindern und ist damit in allen Instanzen
gescheitert.
Klartext: Die Finanzbehörden dürfen die im
Besteuerungsverfahren erlangten Informationen (z.B. über Einkünfte,
die neben dem Arbeitslosengeld bezogenen wurden) an die Arbeitsverwaltung
weitergeben. Ein konkreter Verdacht eines Leistungsmissbrauchs ist dafür
nicht erforderlich - d.h. die Finanzämter müssen nicht selbst
überprüfen, ob der Leistungsempfänger und Steuerpflichtige das
Arbeitslosengeld rechtswidrig erlangt hat. - Die Entscheidung ist
nachvollziehbar, da die Finanzverwaltung nicht über die Möglichkeiten
verfügt, selbst die Leistungsberechtigung des ALG-Empfängers zu
überprüfen. Diese rechtliche Kontrolle kann nur durch die
Arbeitsverwaltung erfolgen. Allerdings bleibt ein Datenschutz vollkommen auf
der Strecke.
Sperrzeit und Durchführungsanweisung
1. Die Bundesagentur für Arbeit hat die Durchführungsanweisung zum
Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld I wegen einer Sperrzeit aktualisiert.
Folgende Änderungen sind eingetreten:
Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages führt nicht mehr zu Einbußen
beim Arbeitslosengeld, wenn die - dem Arbeitnehmer im Rahmen des
Aufhebungsvertrages - zugesagte Abfindung zwischen 0,25 und 0,5
Monatsverdiensten pro Beschäftigungsjahr beträgt und
der Arbeitgeber ohne den Aufhebungsvertrag betriebsbedingt
unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum selben Zeitpunkt gekündigt
hätte und die Kündigungsfrist eingehalten worden
wäre und der Arbeitnehmer nicht unkündbar war.
Bewegt sich die vom Arbeitgeber gezahlte Abfindung über 0,5
Bruttomonatsverdiensten pro Beschäftigungsjahr, dann ist die
Rechtmäßigkeit einer hypothetischen Kündigung allerdings wie
bisher zu prüfen.
2. Ferner wurde die Durchführungsanweisung auch im Hinblick auf die
geringfügigen Beschäftigungen geändert. Bei Aufgabe einer
solchen Beschäftigung tritt eine Sperrzeit nur noch dann ein, wenn die aufgegebene
geringfügige Beschäftigung gemeinsam mit einer weiteren
geringfügigen Beschäftigung versicherungspflichtig war.
3. In der Durchführungsanweisung wurde nunmehr auch festgestellt, dass die
Insolvenz des Arbeitgebers einen wichtigen Grund für die Aufgabe der
Beschäftigung darstellt.
Betriebsübergang und Aufhebungsvertrag
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 25. Oktober 2007, Akz: 8 AZR
917/06:
Schließt der Insolvenzverwalter mit dem Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des
Betriebsüberganges einen
Aufhebungsvertrag, so ist dieser als unzulässige Umgehung
des Kündigungsverbotes wegen Betriebsübergangs unwirksam.
Mobbing und Schmerzensgeld
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 25. Oktober 2007, Akz: 8 AZR
593/06:
Ein Arbeitnehmer, der durch seinen Vorgesetzten gemobbt wird und daher
psychisch erkrankt, hat gegen seinen Arbeitgeber Anspruch auf Schmerzensgeld. Die Entlassung
des "Mobbenden" kann er im Regelfall jedoch nicht verlangen. Er hat nur
Anspruch auf einen anderen gleichwertigen Arbeitsplatz, an dem er nicht mehr
den Weisungen seines Vorgesetzten untersteht, wenn ein solcher Arbeitsplatz im
Betrieb vorhanden ist.
Arbeitsvertrag und Bonus
Urteil des BAG vom 24.10.2007, Akz: 10 AZR 825/06
Gem. § 307 BGB sind vorformulierte Arbeitsvertragsklauseln unwirksam, wenn
sie den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von "Treu und Glauben" unangemessen
benachteiligen. Die Unwirksamkeit kann sich daraus ergeben, dass eine Klausel
entgegen dem in dieser Vorschrift verankerten Transparenzgebot nicht klar und
verständlich ist. Hintergrund: im Arbeitsvertrag war dem Kläger
zunächst die Teilnahme an einem Bonussystem zugesagt worden (In 2002 und
2003 hat der Kläger dann tatsächlich auch jeweils einen Bonus
erhalten). Eine weitere Klausel des Arbeitsvertrages regelte das Entfallen des
Anspruches auf die Bonuszahlung, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem 1. 4.
des Folgejahres gekündigt wird. Nach Ansicht des BAG ist die
Stichtagsregelung unwirksam. Diese stellt bezüglich der Dauer der Bindung
nicht auf die Höhe der Bonuszahlung ab, ist jedenfalls insoweit zu weit
gefasst und benachteiligt den Arbeitnehmer deshalb unangemessen.
Sperrzeit und Erziehungsgemeinschaft
Urteil des Bundessozialgerichtes vom 17.10.2007, Akz: B 11a/7a AL 52/06 R
Die Klägerin hat ihr Arbeitsverhältnis als Verkäuferin
gekündigt, um mit ihrer Tochter zum Verlobten in eine andere Stadt ziehen.
Die Arbeitsagentur verhängte daraufhin eine Sperrzeit für einen Zeitraum von zwölf
Wochen wegen Arbeitsaufgabe. Nach Ansicht des BSG kann die erstmalige
Herstellung einer ernsthaften und auf Dauer angelegten Erziehungsgemeinschaft
einen wichtigen Grund i. S. des § 144 SGB III darstellen. Hiervon ist
insbesondere auszugehen, wenn durch den Zuzug eine Verbesserung der
Unterbringung, Verpflegung oder Betreuung des Kindes sichergestellt
ist.
Arbeitsrecht und Personalakte
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 16.10.2007, Akz: 9 AZR 110/07
Zum Inhalt einer Personalakte gehören alle
Schriftstücke, die sich mit der Person eines bestimmten Arbeitnehmers und
seiner Entwicklung im Arbeitsverhältnis befassen. Die Personalakte soll
wahrheitsgemäß und vollständig Auskunft über die Person
des Arbeitnehmers und seinen beruflichen Werdegang geben. Über die Art und
Weise der "Personalaktenführung" entscheidet der Arbeitgeber aber alleine.
Hintergrund: Der Kläger stellte bei Einsicht in seine
Personalakten fest, dass die Seiten der enthaltenen Unterlagen keine
Nummerierung trugen. Mit der Klage vor den Arbeitsgerichten begehrte er eine
zukünftige Paginierung (fortlaufende Nummerierung) seiner Personalakte.
Durch die Paginierung werde der Inhalt der Personalakte gesichert. Nach Ansicht
des BAG fehlt für den geltend gemachten Anspruch aber eine
arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlageund es wies die Klage ab - der Kläger vermutet, dass vor seiner Akteneinsichtnahme
entsprechende Unterlagen aus der Akte entfernt werden. Mögliche Abhilfe:
Ein außerplanmäßiges und überraschendes
Einsichtsgesuch in die Personalakte.
Befristung und Arbeitsverhältnis
Urteil des BAG vom 10.10.2007, Akz: 7 AZR 795/06:
Die Parteien schlossen nach Beendigung der Ausbildung der Klägerin
(Bürokommunikationskauffrau) einen bis zum 23. Juli 2004 befristeten
Arbeitsvertrag. Das Arbeitsverhältnis wurde danach bis zum 26. Januar 2005
und durch einen weiteren befristeten Vertrag bis zum 23. Juli 2005
verlängert. Nach Ansicht des BAG liegt ein sachlicher Grund für eine
Befristung vor, wenn diese im Anschluss an eine Ausbildung erfolgt, um den
Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu
erleichtern. Zulässig ist aber nur der einmalige Abschluss eines
befristeten Arbeitsvertrages. Weitere Befristungen können nicht auf einen
Sachgrund gem. § 14 Abs. 1, Satz 2, Nr. 2 TzBfG
gestützt werden - ***