Anwalt und Weblog
Auf dieser Seite werden
wir Ihnen aktuelle Entscheidungen der Gerichte und Rechtsfälle aus den
Bereichen Arbeitsrecht, Sozialrecht, Mietrecht und Allgemeines Zivilrecht
vorstellen. Bitte beachten Sie unsere Haftungshinweise.
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Kündigung ohne Abmahnung
Urteil des Landesarbeitsgerichtes Hessen, Akz: 16 Sa 1865/06:
Benutzt der Arbeitnehmer für seine private Post die Frankiermaschine
seines Arbeitgebers, so riskiert er wegen einer Verletzung seiner
arbeitsvertraglichen Nebenpflichten die außerordentliche, fristlose
Kündigung. Auch wenn es sich dabei nur um geringe Portobeträge
handelt - die Höhe des Schadens ist also irrelevant.
Kündigung und Beleidigungen
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil 28.2.2007, Akz: 9 Sa 908/06:
Die verbale Beleidigung eines Vorgesetzten und Kollegen rechtfertigt nicht ohne
weiteres die fristlose Kündigung. Zum Sachverhalt: Der
Kläger ist als Maschinenführer bei einem Bauunternehmen tätig.
In einer verbalen Auseinandersetzung beleidigte er seinen Kollegen und den
abwesenden Geschäftsführer mit sexuell anzüglichen Bemerkungen.
Daraufhin erging die fristlose Kündigung. Nach Ansicht des Gerichtes
war die verbale Entgleisung des Arbeitnehmers aber auf das gleichfalls
aggressive Verhalten des Kollegen zurückzuführen. Außerdem sei
der Kläger in einem Bereich tätig, in dem eine "derbe" Ausdrucksweise
häufiger anzutreffen sei. Grenzüberschreitungen seien nicht
unüblich. Eine fristlose Kündigung sei
unverhältnismäßig.
Arbeitsrecht und Befristung
Urteil LAG Rheinland-Pfalz, 26.04. 2007, Akz:2 Sa 793/06:
Eine weitere Entscheidungen aus dem Arbeitsrecht. Ein zeitlich begrenzter
Arbeitsvertrag, der den sachlichen Grund für die
Befristung nicht erkennen lässt oder eine falsche Ursache nennt, ist
rechtswidrig. Bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages muss die
tatsächliche Ursache für Befristung angegeben werden. Eine
nachträglicher Austausch der Gründe für die Befristung durch den
Arbeitgeber ist unzulässig, da dies zu einer Umgehung des
Kündigungsschutzgesetzes führen könnte. Die
Befristung war somit ungültig und die betroffene Arbeitnehmerin konnte
sich über ein unbefristeten Arbeitsverhältnis freuen.
Jobangebot, Unzumutbarkeit und Sperrzeit
Urteil LSG Niedersachsen vom 14.06.2007, L 12 AL 127/06
Eine allgemein nach statistischen Erhebungen erhöhte Häufigkeit
für Überfälle im Bereich von Spielhallen ist nicht ausreichend,
um eine Unzumutbarkeit einer Beschäftigung zu
begründen.
Die Ablehnung einer Tätigkeit als Spielhallenaufsicht wegen
Überfallgefahr (ohne konkreten Anlass) wird zum Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen unter gleichzeitiger
Aufhebung der Leistungsbewilligung durch die Arbeitsagentur führen
- eine andere Beurteilung ist möglich, wenn die
Spielhalle nachweisbar schon Ziel eines Raubüberfalles war.
Schadensersatz und Restschuldbefreiung
Urteil des BGH vom 21.6.2007, Akz: IX ZR 29/06
Die Schadensersatzverbindlichkeiten desjenigen, der
vorsätzlich im Straßenverkehr ein Fahrzeug geführt hat, obwohl
er infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht in der Lage war, das
Fahrzeug sicher zu führen, und dadurch fahrlässig Leib oder Leben
eines anderen Menschen gefährdet hat, sind von der
Restschuldbefreiung nicht ausgenommen.
Verkehrsrecht und Schadensersatz
Urteil des BGH vom 22.5.2007, Akz: VI ZR 17/06:
Ein Geisterfahrer haftet nicht für ein posttraumatisches Belastungssyndrom
von Polizeibeamten. Zum Sachverhalt: Der Dienstherr verlangte von der
Versicherung des Unfallverursachers (Frontalzusammenstoß mit einem
entgegenkommenden PKW) Ersatz von Leistungen für zwei Polizeibeamte, die
infolge eines Verkehrsunfalls ein posttraumatisches Belastungssyndrom erlitten
haben.
Mietrecht und Mietminderung
Amtsgericht München,
Urteil vom 19.10.2006, Akz: 473 C
18682/06:
Schöne Entscheidung aus dem Mietrecht: Nach Einzug
in eine Münchener Wohnung hat ein Student hinter einem durchsichtigen
Spiegel (sog. Venezianischer Spiegel) im Badezimmer einen weiteren Raum
entdeckt, in dem Pornozeitschriften und -videos lagerten. Die Vermieterin war
der Ansicht, die Mietminderung könne sich nur auf das
Badezimmer beziehen. Durch das Gericht konnte nicht geklärt werden, wer
das Zimmer eingerichtet hatte. Der Student jedenfalls hat eine 100 %
Mietkürzung und das Recht auf eine fristlose Kündigung erstritten.
Elternzeit und Arbeitslosengeld
Urteil des Sozialgerichtes Stuttgart vom 26.04.2007, Akz: S 14 AL 5866/06
Nach einer Elternzeit droht unter Umständen ein
niedrigeres Arbeitslosengeld I -
Die Klägerin war bis August 2003 als Bürokauffrau beschäftigt.
Ab Geburt ihres Sohnes war sie in der Elternzeit bis zum 31.12.2005. Zeitgleich
wurde das ruhende Arbeitsverhältnis mit ihrem Arbeitgeber durch
Aufhebungsvertrag beendet. Danach meldete sie sich bei der
Agentur für Arbeit arbeitslos. Diese bewilligte allerdings nur ein
Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines fiktiven
Arbeitsentgelts in Höhe eines täglichen Bemessungsentgelts von 52,35
Euro. Dagegen klagte die Mutter vor dem Sozialgericht Stuttgart. Dieses teilte
die Einschätzung der Agentur für Arbeit und wies die Klage ab. Der
für die Berechnung des Arbeitslosengeldes maßgebliche
Bemessungszeitraum umfasst höchstens zwei Jahre. Er endet mit dem letzten
Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des
Anspruchs auf Arbeitslosengeld. Da hier während der Elternzeit kein
Arbeitsentgeltanspruch bestanden hat, muss das Arbeitslosengeld eben fiktiv
festgesetzt werden - das Urteil sollte auf jeden Fall in
der Berufungsinstanz überprüft werden.
Krankenversicherung und Krankentagegeld
Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.07.2007, Akz: IV ZR 129/06
Urteil zu den Anforderungen einer fristlosen Kündigung durch die
Krankenkasse:
Ein Versicherungsunternehmen darf eine Krankentagegeld-Versicherung bei einem
Selbstständigen nur aus wichtigem Grund kündigen. Der
Versicherungsnehmer muss zwar grundsätzlich wahrheitsgemäße
Angaben zu seinem Gesundheitszustand machen. Wer als Selbständiger trotz
Krankschreibung kleinere Arbeiten erledigt, muss aber trotzdem nicht mit der
fristlosen Kündigung seiner privaten Krankenversicherung
rechnen. Im konkreten Fall hatte ein Architekt, der Krankentagegeld bezog,
mehrere Beratungsgespräche mit Bauherren geführt.
Verkehrsrecht, StVO und Bußgeld
Entscheidung des OLG Bamberg; Akz: 2 Ss Owi 577/06
Das Führen eines Kraftfahrzeuges nur mit Socken und ohne Schuhe ist nach
einer Entscheidung des o.g. Gerichtes keine
Verkehrsordnungswidrigkeit. Zwar stelle dies einen
Verstoß gegen die Pflichten eines sorgfältigen
Kraftfahrzeugführers dar, da wesentliche Fahrzeugfunktionen mittels
Fußkontakt über die Pedale gesteuert werden und eine Fehlbedienung
der Pedale mit erheblichen Risiken verbunden ist. Diese Gefahr ist aber im
Verkehrsrecht für die Verhängung eines
Bußgeldes nicht ausreichend - Aber:
Das Führen eines Fahrzeuges ohne geeignetes Schuhwerk, z.B. mit Flip-
Flops, kann bei einem Unfall zu einem Bußgeldbescheid
und noch schlimmer zu einem Verlust des Versicherungsschutzes
führen.