Anwalt und Weblog
Auf dieser Seite werden
wir Ihnen aktuelle Entscheidungen der Gerichte und Rechtsfälle aus den
Bereichen Arbeitsrecht, Sozialrecht, Mietrecht und Allgemeines Zivilrecht
vorstellen. Bitte beachten Sie unsere Haftungshinweise.
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Direktionsrecht und Filmrolle
Urteil des BAG vom 13. Juni 2007, Akz: 5 AZR 564/06
Sachverhalt: die Klägerin hatte vertraglich eine
Filmrolle in einem Film übernommen. Nach dem zweiten Drehtag wurde das
Drehbuch geändert. Die Klägerin sollte nicht mehr die Schwägerin
und Freundin der Hauptdarstellerin, sondern deren alte Mutter spielen. Sie
dagegen wollte die Rolle jedoch nur in der vorherigen Fassung des Drehbuches
wahrnehmen. Resultat: Die Rolle wurde anderweitig besetzt. Die
Klägerin klagte auf Fortzahlung der Vergütung für weitere
13 Drehtage. Das BAG aber war anderer Ansicht - der 5. Senat des BAG war
der Meinung, dass die neue Drehbuchfassung den vertraglich fixierten Kern der
Filmrolle nicht geändert habe. Welche Arbeit der Arbeitnehmer zu erbringen
hat, bestimmt der Arbeitsvertrag. Der Arbeitgeber kann darin Inhalt und Umfang
der Arbeitsverpflichtung kraft seines Weisungsrechts (= Direktionsrecht)
festlegen. Daraus ergibt sich dann, ob ein Schauspieler Änderungen an
seiner im Arbeitsvertrag vorgesehenen Filmrolle hinnehmen muss.
Mietrecht und fristlose Kündigung
Urteil des Bundesgerichtshofes vom18.4.2007, Akz: VIII ZR 182/06
Pflegeversicherung
Die Spitzen von Union und SPD wollen in der Pflegeversicherung die Leistungen
für Demenzkranke und die häusliche Pflege ausweiten. Gestritten wird
immer noch, um wie viele Prozentpunkte der Pflegebeitrag steigen soll. CDU/CSU
sind für eine Erhöhung um 0,2 Prozentpunkte und eine gleichzeitige
Senkung des Arbeitslosenbeitrages um 0,5 Punkte. Die SPD will hingegen einen
höheren Aufschlag von 0,3 Prozentpunkten, damit die besseren
Pflegeleistungen finanziert werden können - dies ist
mit großer Wahrscheinlichkeit nur der Auftakt für jährliche
Beitragssteigerungen.
Gerichte und Tierschutz
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Februar 2006, Akz: 3 C 14/05
Leitsatz: der Einsatz von Elektroreizgeräten ist bei der Hundeausbildung
verboten.
Mit einem solchen Gerät kann man offensichtlich einem Hund durch einen
Sender im Halsband schwache oder starke Stromreize zufügen. Das
Bundesverwaltungsgericht hat betont, dass das Tierschutzgesetz die Verwendung
von Elektroreizgeräten bei der Dressur von Tieren generell verbietet.
Diese Geräte seien grundsätzlich geeignet, dem Tier erhebliche
Schmerzen zu verursachen und dürfen daher nicht verwendet werden.
Reiserecht - Zelt statt Hotelzimmer
Urteil Amtsgericht Menden vom 5. April 2006, Akz: 4 C103/05
Hat ein Reisebüro irrtümlich ein "Doppelzelt" statt des vom Kunden
gewünschten "Doppelzimmers" gebucht, dann ist es als Reisevermittler zum
Schadensersatz verpflichtet.
Zum Sachverhalt: Der Kläger und sein Reisebegleiter dachten sie
hätten einen Urlaub am Roten Meer in einem Doppelzimmer im Hotel gebucht.
Das Reisebüro hatte stattdessen jedoch nur ein Doppelzelt vermittelt. Da
es keine Hotelzimmer mehr gab, musste der Kläger die Unterkunft
akzeptieren. Nach dem Campingurlaub reichte der Kläger Klage gegen das
Reisebüro ein. Er begehrte eine Reisepreisminderung um 50
% und bekam Recht.
Rückforderung und Vertrauensschutz
Urteil des Landessozialgerichtes Hessen (=Darmstadt), Akz: L 9 AS 33/06
Hat der Zusammenschluss aus Arbeitsagentur und Kommune (GFA, Jobcenter oder
ARGE) gegenüber arbeitslosen Hilfeempfängern ein
Rückforderungsrecht wegen zuviel gezahlter Leistungen, dann darf sich
dieser Anspruch ausschließlich an eine konkrete Person richten, nicht
aber an die gesamte Bedarfsgemeinschaften. Begründung: Es
gibt keine Gesamtansprüche von Bedarfsgemeinschaften, sondern immer nur
individuelle Ansprüche der Mitglieder der BG. Rückforderungen
können deshalb auch nie gegen die gesamte BG geltend gemacht werden. -
Schön anzusehen war die weitere Verbreitung des Urteils im Internet.
Innerhalb kürzester Zeit war und ist auf zahlreichen Foren
sinngemäß zu lesen: "Im Übrigen verneinten die
Darmstädter Richter vorliegend generell einen Rückforderungsanspruch
(der Behörde gegenüber dem Hilfebedürftigen) für die
Vergangenheit" Zu schön um wahr zu sein !! - wir haben das Urteil
sofort bei Gericht angefordert und wurden leider enttäuscht. Das Gericht
hat sich lediglich intensiv mit § 45 SGB X und der Frage,
wann der Rückforderung von Leistungen auf Seiten des Bürgers ein
Vertrauensschutz entgegensteht, beschäftigt. Im
Einzelfall kam das Gericht dabei zu dem Ergebnis, dass der Vertrauensschutz des
Leistungsempfängers überwiegt ! - So schnell
verbreitet sich Unsinn ! In der Tat ist dieses Rechtsproblem in der Praxis
häufig anzutreffen. Die Behörden gehen sehr schnell von einer
Kenntnis oder einer grob fahrlässigen Unkenntnis des Bürgers im
Hinblick auf die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes/Bescheides aus.
Häufig wird daher zu Unrecht die Rückerstattung von Leistungen
gefordert.
Betriebsrente und Auskunftsanspruch
Urteil des BAG vom 22.05.2007 - 3 AZR 357/06:
Arbeitnehmer haben nach einem Betriebsübergang nur gegen den
Betriebserwerber Auskunftsansprüche wegen ihrer
Betriebsrente, nicht aber gegen den Veräußerer.
Ansprüche auf Auskunft gegenüber dem Veräußerer des
Betriebes können sich jedoch aus "Treu und Glauben" gem. § 242
BGB ergeben. Voraussetzung dafür ist:
1. es ist nicht oder nicht ohne besondere Erschwernisse möglich, beim
Erwerber eine zuverlässige Auskunft zu erhalten und
2. der Veräußerer kann diese Auskunft ohne größeren
Aufwand erteilen und
3. der Arbeitnehmer hat ein berechtigtes Interesse an der Auskunft (z.B. um
Ansprüche gegen den Erwerber durchzusetzen).
Abfindung und Vererblichkeit
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 10. Mai 2007 - 2 AZR
45/06:
Der Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG entsteht erst mit Ablauf der
Kündigungsfrist und ist deshalb vorher nicht vererblich. Zum Sachverhalt:
Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers
betriebsbedingt zum 30.04.2005. Gleichzeitig bot man dem Kläger eine
Abfindung nach § 1a KSchG in Höhe von 30.000 € an. Im
Hinblick auf die erteilte Abfindungszusage reichte der Arbeitnehmer keine
Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht ein. Kurz vor Ablauf der
Kündigungsfrist verstarb der Kläger jedoch. Seine Eltern verlangten
vom Arbeitgeber die versprochene Abfindung. Das BAG wies die Klage ab -
Begründung: Bei Eintritt des Erbfalles war der Abfindungsanspruch noch gar
nicht entstanden und konnte deshalb auch nicht auf die Eltern übergehen.
Urlaub von der Pflege
Sollten Sie sich ernsthaft mit dem Gedanken tragen, einen nahen Angehörigen zu pflegen, dann muss Ihnen von Anfang an klar sein, dass Pflege "Schwerstarbeit" bedeutet !! Nicht selten erleidet die Pflegeperson finanzielle Einbußen, massive Einschränkungen ihrer Freizeitgestaltung und eventuell sogar eigene gesundheitliche Nachteile. Wenn man jedoch felsenfest zur Pflege entschlossen ist, dann sollte man wenigstens in regelmäßigen Abständen an sich selbst denken. Der Gesetzgeber hat der pflegenden Person die Möglichkeit gegeben, Urlaub von der Pflege zu nehmen. Benötigt der Pfleger Urlaub oder ist er selbst krank, so kann er mit der Verhinderungspflege und der Kurzzeitpflege die Pflege für maximal 4 Wochen an andere Pflegepersonen übergeben. Kosten hierfür - bis zu 1.432 € pro Jahr - trägt die Pflegekasse. Voraussetzung: vor der Verhinderung muss die zu pflegende Person in häuslicher Umgebung mindestens 12 Monate gepflegt worden sein + formloser Antrag bei der Pflegekasse/Krankenkasse.
Ebay und Selbstabholer
Und wieder ein nettes Urteil Ebay betreffend -
Urteil Amtsgericht Koblenz, Akz. 151 C 624/06:
Wenn ein Händler die Selbstabholung im Ebay-Angebot nicht
ausdrücklich ausschließt, darf er diese dem Kunden auch nicht
verweigern !! Und noch was zu Ebay:
Ein "Sachmängelgewährleistungsausschluss" bei gebrauchten Sachen in
einem Angebot von Ebay ist möglich und ergibt sich direkt aus unserem
guten alten BGB ! Der Hinweis mancher Verkäufer auf ein angebliches
EU-Kaufrecht (häufig zu finden bei Onlineauktionen) ist schlichtweg
falsch. Die EU-Richtlinie regelt lediglich das Verbot eines
Haftungsausschlusses bei einem Verbrauchsgüterkauf !!!