Anwalt und Weblog
Auf dieser Seite werden
wir Ihnen aktuelle Entscheidungen der Gerichte und Rechtsfälle aus den
Bereichen Arbeitsrecht, Sozialrecht, Mietrecht und Allgemeines Zivilrecht
vorstellen. Bitte beachten Sie unsere Haftungshinweise.
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Banken, Kapitalanlagen und Beratung
Urteil des BGH vom 19.12.2006, Akz: XI ZR 56/05:
Empfiehlt eine Bank einem Kunden im Rahmen einer Kapitalanlageberatung
bestimmte Fondsanteile, bei denen sie verdeckte Rückvergütungen
aus den Ausgabeaufschlägen und jährlichen Verwaltungsgebühren
erhält, dann muss sie diesen Kunden über die
Rückvergütungen aufklären. Nur dann kann der Kunde beurteilen,
ob die Kapitalanlage- empfehlung in seinem Interesse (also im Kundeninteresse)
oder doch eher im Interesse der Bank - im Hinblick auf eine möglichst hohe
Rückvergütungen - ausgesprochen wurde. - ***
verbraucherfreundliche Entscheidung
Sonderkündigungsschutz und Gleichstellung
Urteil des BAG vom 01.03.2007 - Akz: 2 AZR 217/06:
>> Damit Arbeitnehmer einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt
sind und Sonderkündigungsschutz genießen, muss der
Gleichstellungsantrag mindestens drei Wochen vor Zugang der Kündigung
gestellt worden sein <<
Hintergrund dieser Entscheidung: Die Kündigung des
Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten oder gleichgestellten
Menschen ist wesentlich erschwert, da nach § 85 SGB IX die
Zustimmung des Integrationsamtes erforderlich ist. Ab einem GdB von wenigstens
30 kann vom Arbeitnehmer die Gleichstellung beantragt werden. Wird nun vom
Arbeitnehmer die Kündigung vorhergesehen, ist ein Gleichstellungsantrag
ein strategisch geschickter Schachzug. Die vom Arbeitgeber ohne Zustimmung
ausgesprochene Kündigung ist damit hinfällig. ↓↓↓ schlechte Entscheidung aus
Arbeitnehmersicht.
Eingliederungsvereinbarung und Sanktionen
Beschluss des Landessozialgerichtes Hessen vom 21.02.2007 - Akz: L 7 AS 288/06
ER
In diesem Fall war eine Eingliederungsvereinbarung mit der
Hilfebedürftigen nicht abgeschlossen worden, stattdessen hatte die
Arbeitsagentur einen ersetzenden Verwaltungsakt erlassen. Darin wurden
die Verpflichtungen der Arbeitslosen aufgelistet. Da die Klägerin
diesen Verpflichtungen nach Ansicht der Behörde nicht nachkam, wurde das
Arbeitslosengeld für 3 Monate gestrichen. Sie erhielt kein
Arbeitslosengeld mehr, sondern nur noch Leistungen für Unterkunft und
Heizung.
Das Hessische Landessozialgericht hat nun entschieden, dass in solchen
Fällen die Betroffene wegen des Pflichtenverstoßes nicht
sanktioniert werden darf. Eine Pflichtverletzung hätte nur auf der
Grundlage einer Eingliederungsvereinbarung geahndet werden können. Das
Gesetz sieht keine Leistungskürzung aufgrund des Verstoßes gegen
einen ersetzenden Verwaltungsakt vor.
Betriebsrat auf Konzernebene
Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes vom 14.02.2007 - Akz: 7 ABR
26/06
Nach § 54 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz können die
einzelnen Gesamtbetriebsräte in einem Konzern (§ 18 Aktiengesetz)
durch Beschlüsse einen Konzernbetriebsrat einrichten. Werden die
inländischen Unternehmen jedoch von einer Konzernspitze mit Sitz im
Ausland beherrscht, kann ein solcher Konzernbetriebsrat nicht konstituiert
werden.
Kündigungsschutz bei Betriebsübergang
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 15.02.2007 - Akz: 8 AZR 397/06:
Hat ein Betrieb eine bestimmte Anzahl von Mitarbeitern, dann geniessen die
Arbeitnehmer i.d.R. Kündigungsschutz. Dieser Kündigungsschutz geht
jedoch bei einem Betriebsübergang nicht mit dem restlichen
Arbeitsverhältnis auf den Erwerber des Betriebes über, wenn in dessen
Betrieb nur wenig Arbeitnehmer beschäftigt sind und die Voraussetzungen
des § 23 I KschG nicht erfüllt sind.
Sozialhilfe und Wohngeld
Urteil des Verwaltungsgericht Oldenburg, 26.01.2007 (Akz:13 A 843/06) - Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Wohngeld: Die Vermutung des § 18 Nr. 4 HS 2 WoGG ist jedenfalls dann im Wege eines Erst-Recht-Schlusses auf zusammen wohnende Familienmitglieder zu erstrecken, wenn alle Familienmitglieder eine einzige Wohnküche benutzen und nach außen der Eindruck eines "Gesamthaushalts" entsteht. In diesem Fall ist der volle Gegenbeweis zu erbringen, dass ungeachtet einer Wohngemeinschaft keine Wirtschaftsgemeinschaft besteht.
Betriebliche Einigungsstelle
Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes vom 13. Februar 2007 - Akz:
1 ABR 18/06 -
Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei der Frage, ob Arbeitnehmer
während der Arbeit eine bestimmte einheitliche Kleidung tragen sollen.
Finden Arbeitgeberseite und Betriebsrat bei der Kleiderordnung keinen
Kompromiss, dann wird die Einigungsstelle eingeschaltet. Die Frage, wer die
Kosten für einheitliche Personalkleidung trägt, fällt allerdings
nicht unter die Regelungskompetenz einer betrieblichen Einigungsstelle.
Maßregelungsverbot und Arbeitsrecht
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 14.2.2007 (Akz: 7 AZR 95/06) zum
Maßregelungsverbot und Vorbehalt bei befristetem Anschlussvertrag:
Nach § 612a BGB darf ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber nicht dafür
benachteiligt werden, dass er in zulässiger Weise seine vertraglichen oder
gesetzlichen Rechte wahrnimmt. Eine derartige Maßregelung ist jedoch nach
Ansicht des BAG nicht gegeben, wenn der Arbeitgeber den Wunsch des
Arbeitnehmers ablehnt, bei Abschluss eines befristeten Anschlussvertrages einen
Vorbehalt aufzunehmen. Der Arbeitnehmer wollte durch den Vorbehalt erreichen,
dass er die Wirksamkeit der in dem vorangegangenen Vertrag vereinbarten
Befristung gerichtlich überprüfen lassen kann.
Europäische Richtlinien und Spam
9 von 10 eMails sind heute Spam - Wundern Sie sich nicht, wenn Sie sich ein
geschäftliches oder privates eMail-Postfach einrichten und dieses in
kürzester Zeit mit lästigen Werbeemails geflutet wird. Ein
vorgeschaltener Spamfilter kann daran bedauerlicherweise auch nicht viel
ändern. Doch wie ist die Rechtslage:
1. Befindet sich der Versender des Spam in Deutschland kann man z.B.
wettbewerbsrechtlich gegen ihn vorgehen. Das Verschicken dieser unverlangten
Werbeemails verstößt gegen § 1 UWG und ist daher sittenwidrig
(Urteil des Bundesgerichtshofes vom 11.3.2004).
2. Das Amtsgericht Dresden hat im Urteil vom 29.7.2005 (Akz. 114 C 2008/05)
entschieden, dass das Interesse des Versenders an "bequemer Werbung" die
geringe Störung des Betriebsablaufs überwiege. Das Landgericht Berlin
hat in einem ganz ähnlichen Fall dagegen einen Eingriff in den
"eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb" angenommen (Beschluss, Akz.
16 O 718/05).
3. Richtig ärgerlich ist aber, dass europaweit bereits eine EU-Richtlinie
gegen Spam existiert (Richtlinie 2002/58) mit der dieser Werbemüll bereits
unterbunden werden könnte. Deutschland und einige andere europäische
Staaten haben es bisher aus unerfindlichen Gründen nicht geschaft, diese
Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Eine Umsetzung erfolgte lediglich in
Italien und England.
Elternzeit und Arbeitsrecht
Aktuelle Urteile des Landesarbeitsgerichtes Baden-Württemberg zum Thema Elternzeit:
1.
Urteil vom 07.12.2006, Akz: 3 Sa 25/06
Elternzeit - Zulässigkeit der mündliche Geltendmachung der Elternzeit
- Berufung auf Formvorschrift - Die gekündigte
Arbeitnehmerin und Klägerin war Anwältin und hat sich in der
Berufungsinstanz durchgesetzt !
2.
Urteil vom 23.11.2006, Akz: 7 Sa 95/06
Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit - zeitliche Abfolge der
Inanspruchnahme von Elternzeit und des Verlangens auf
Teilzeitbeschäftigung - Einstellung einer Ersatzkraft als dringender
betrieblicher Grund - Einstellung als treuwidriges Verhalten des Arbeitgebers -
Normgehalt der Vier-Wochen-Frist nach § 15 Absatz 7 Satz 4 BErzzGG -
Fiktion der Zustimmung - Präklusion verspätet vorgebrachter
Gründe