Anwalt und Weblog
Auf dieser Seite werden
wir Ihnen aktuelle Entscheidungen der Gerichte und Rechtsfälle aus den
Bereichen Arbeitsrecht, Sozialrecht, Mietrecht und Allgemeines Zivilrecht
vorstellen. Bitte beachten Sie unsere Haftungshinweise.
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Arbeitslosigkeit und Urlaubsanspruch
Arbeitslosenrecht - Rechtsanwalt Sehn - Mannheim:
Leistungsbezieher von Arbeitslosengeld I und II haben Anspruch auf 3 Wochen
Urlaub im Kalenderjahr und müssen in diesem Zeitraum der
Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehen. Natürlich muss dieser
Anspruch - wie auch in jedem Arbeitsverhältnis - angemeldet werden. In den
ersten 3 Monaten der Arbeitslosigkeit besteht allerdings eine Wartezeit.
Kündigungsschutzrecht
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Akz: 1 Sa 118/06:
Möglichkeit der Weiterbeschäftigung bei betriebsbedingter
Kündigung:
1. Die arbeitgeberseitige Prüfung von
Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten vor Ausspruch der betriebsbedingten
Kündigung beschränkt sich regelmäßig auf das
Unternehmen.
2. Die Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für den Arbeitnehmer
innerhalb einer Unternehmensgruppe sind in diese Prüfung einzubeziehen,
wenn der Arbeitgeber aus rechtlichen oder aus faktischen Gründen Einfluss
auf einen Einsatz des Arbeitnehmers in einem anderen Unternehmen hat und der
Arbeitnehmer in der Vergangenheit in Betrieben des anderen Unternehmens
tatsächlich eingesetzt wurde.
Personenbedingte Kündigung
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 18.1.2007, Akz: - 2 AZR 731/05
–
Der Wegfall der Sozialversicherungsfreiheit eines Arbeitnehmers ist kein
personenbedingter Kündigungsgrund. Die Kündigung eines Arbeitnehmers
ist nach § 1 Abs. 2 KSchG dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch
Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist.
Eine Auflösung des Arbeitsverhältnis soll dem Arbeitgeber
möglich sein, wenn der Arbeitnehmer die erforderliche Eignung und
Fähigkeiten nicht mehr besitzt, um die geschuldete Arbeitsleistung ganz
oder zumindest zum Teil zu erbringen. Das Bundesarbeitsgericht hat diese
Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht als erfüllt angesehen. Ein im
Gepäckdienst eines Grossflughafens angestellter Werkstudent war auf Grund
seiner überlangen Studiendauer nach den sozialversicherungsrechtlichen
Regelungen nicht mehr als Student sozialversicherungsfrei. Der Arbeitgeber
kündigte aus diesem Grund und scheiterte in allen Instanzen.
Widerspruch und Anhörung
Sozial-/Sozialversicherungsrecht - Rechtsanwalt Sehn - Mannheim
Folgende Vorgehensweise wird in der letzten Zeit bei der Arbeitsverwaltung
immer häufiger praktiziert (z.B. bei Minderung des Arbeitslosengeldes
wegen Nichtannahme einer Arbeitsstelle). Es ergeht ein Bescheid, der in
Rechtspositionen des Bürgers eingreift und es erfolgt vorab keine
Anhörung des Betroffenen zum vorgefallenen Sachverhalt. Hier sollte die
Behörde - notfalls durch Einschaltung eines Rechtsanwaltes - daran
erinnert werden, dass im Gesetz zwingend eine Anhörung vorgesehen ist. Der
Bürger soll die Gelegenheit erhalten, die konkreten Umstände des
Falles aus seiner Sicht zu schildern.
In aller Regel erfolgt aber eine Heilung des Verfahrensfehlers im
Widerspruchverfahren oder der alte Bescheid wird zurückgenommen und durch
einen weiteren, neuen Verwaltungsakt ersetzt.
Änderungskündigung und Arbeitsrecht
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 01.02.2007 - AKZ: 2 AZR 44/06
Wenn der Arbeitgeber eine Änderungskündigung ausspricht und der
Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter Vorbehalt annehmen will, so steht
ihm hierfür gemäß § 2 Satz 2 KSchG längstens eine
Erklärungsfrist von drei Wochen zur Verfügung. Diese gilt - wie bei
einer vorbehaltlosen Annahme - als Mindestfrist, auch wenn der Arbeitgeber eine
schnellere Antwort anfordert und daher eine zu kurze Frist setzt.
Der Kläger war bei der Beklagten als Energieanlagenelektriker
beschäftigt. Am 02.08.2004 sprach die Beklagte eine
Änderungskündigung zum 28.02.2005 mit dem Ziel aus, eine vereinbarte
Entfernungszulage zu streichen. Die sonstigen Arbeitsbedingungen sollten
unverändert fortbestehen. Das Kündigungsschreiben war
folgendermaßen formuliert: "Teilen Sie uns bitte umgehend mit, ob Sie mit
den geänderten Arbeitsbedingungen und mit der Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses über die Kündigungsfrist hinaus
einverstanden sind. Andernfalls endet das Arbeitsverhältnis mit
Fristablauf."
Der Arbeitnehmer hat weder eine Kündigungsschutzklage noch eine
Änderungsschutzklage eingereicht. Er nahm mit Schreiben vom 16.10.2004 -
der Beklagten am 02.11.2004 zugegangen - das Änderungsangebot an. Bereits
am 21.10.2004 teilte der Arbeitgeber dem Kläger jedoch mit, dass das
Arbeitsverhältnis wegen der Nichtannahme des Änderungsangebots
spätestens am 28.02.2005 enden werde. Hiergegen klagte der Arbeitnehmer.
Das BAG gab der Beklagten nun in der Revisionsinstanz Recht. Sie hat eine
wirksame Annahmefrist nach § 148 BGB bestimmt. Da diese aber zu kurz
bemesen war, mußte sie lediglich an die gesetzliche Mindestfrist (3
Wochen) angepasst werden.
Hartz IV und Klageflut
Das Bundessozialgericht hat seine Jahresbilanz für 2006 vorgestellt. Bei
den Sozialgerichten wurden ca. 116.000 Klagen gegen die Arbeitsmarktreform
eingereicht. Bei einigen Sozialgerichten war das jede zweite Klage, die
eingegangen ist. Das oberste deutsche Sozialgericht will nun sogar die Zahl
seiner Richter erhöhen, um mit der Klageflut fertig zu werden. Im Sommer
2007 soll wahrscheinlich ein eigener Senat mit drei neuen Richtern geschaffen
werden.
Das Bundessozialgericht ist unter den fünf obersten Gerichtshöfe der
Bundesrepublik Deutschland das jüngste Gericht. Heute arbeiten beim BSG 40
Richter und 190 Mitarbeiter. Pro Jahr hat es etwa 3.000 Verfahren von den
Sozialgerichten und Landessozialgerichten als Schlussinstanz zu entscheiden.
Die 13 Senate treffen Entscheidungen und lösen Streitfragen im
Arbeitslosenrecht, Sozialhilferecht, Krankenversicherungsrecht, Rentenrecht und
Unfallversicherungsrecht. Ein Senat des BSG besteht aus mindestens drei
Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern.
Arbeitlosenrecht und Datenschutz
Sozialrecht - Rechtsanwalt Sehn - Mannheim
Sollte eine Behörden mit Ihren persönlichen Daten fahrlässig
umgegangen sein, so können Sie sich an den Bundesbeauftragten für
Datenschutz wenden:
Friedrich-Ebert-Str.1, 53173 Bonn - poststelle@bfd.bund.de
Arbeitsagentur, Arbeitslosenrecht, Vermittlungsformular
Sozialrecht - Rechtsanwalt Sehn - Mannheim
Sie erhalten Stellenangebote der Arbeitsagentur in der Regel in Form eines
Vermittlungsformulars. Gelegentlich werden Sie auch mündlichaufgefordert,
sich bei einem Arbeitgeber zu bewerben. Sie sollten darauf bestehen, dass
dieses Vermittlungformular vollständige Angaben zu der angebotenen Stelle
enthält. Nur so können Sie überprüfen, ob die angebotene
Arbeitsstelle Ihnen tatsächlich zumutbar ist.
Es reicht nicht aus, wenn der Vermittler Ihnen die fehlenden Informationen
mündlich erläutert. Sollten Sie die Stelle später ablehnen, so
müssen Sie mit einer Sperrzeit rechnen. Die mündlichen,
zusätzlichen Angaben des Vermittlers sind dann nur schwer nachweisbar und
Sie geraten möglicherweise vor Gericht in Beweisschwierigkeiten.
Denken Sie daran, der Arbeitgeber erhält eine Kopie des Stelleangebotes
zusammen mit Ihrem Namen und Ihrer Anschrift. Auf deren Rückseite soll der
Arbeitgeber der Arbeitsagentur Auskunft über das Ergebnis des
Bewerbungsgesprächs erteilen. Sie haben nach dem SGB X das Recht, die
Antwort des Arbeitgebers einzusehen. Sollten Sie mit dessen Angaben auf der
Rückseite des Vermittlungsformulars nicht einverstanden sein, so
können Sie eine Gegendarstellung abgeben. In dieser Gegendarstellung
können Sie dann angeben, wieso es nicht zum Abschluss eines
Arbeitsvertrages gekommen ist.
Betriebsvereinbarung und Heimarbeit
Urteil des Landesarbeitsgerichtes Hamm vom
20.10.2006:
Laut LAG Hamm gilt eine Betriebsvereinbarung (die der Betriebsrat mit dem
Arbeitgeber ausgehandelt hat) im Zweifel für alle Mitarbeiter des
Betriebs, für die der Betriebsrat berechtigt ist, tätig zu werden.
Somit werden von der Betriebsvereinbarung auch in der Hauptsache für den
Betrieb arbeitende Heimarbeiter erfasst, sofern sie nicht in der
Betriebsvereinbarung ausdrücklich vom Geltungsbereich ausgenommen sind.
Arbeitszeugnisse, Unterschrift des Arbeitgebers
Ein interessantes Urteil vom 29.07.2005 des Landesarbeitsgerichtes
Nürnberg zu Arbeitszeugnissen:
1. Eine vom Arbeitgeber im Arbeitszeugnis verwendete überdimensionierte,
im Wesentlichen aus bloßen Auf- und Abwärtslinien bestehende
Unterschrift ist nicht ordnungsgemäß, wenn dadurch der Verdacht
aufkommen kann, der Arbeitgeber wolle sich von dem Zeugnisinhalt, zu dessen
Aufnahme in das Zeugnis er durch rechtskräftiges Urteil verpflichtet
worden ist, distanzieren.
2. Der Arbeitgeber wird durch die Beschränkung der Freiheit, eine
Unterschrift beliebig zu gestalten, nicht in unzumutbarer Weise in seinem
allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I GG) beeinträchtigt. Das
auf Art. 12 GG gestützte Interesse des Arbeitnehmers an der - durch
Vorlage eines ordnungsgemäßen Zeugnisses erleichterten -
Wiedererlangung eines Arbeitsplatzes ist gewichtiger.