Anwalt und Weblog
Auf dieser Seite werden
wir Ihnen aktuelle Entscheidungen der Gerichte und Rechtsfälle aus den
Bereichen Arbeitsrecht, Sozialrecht, Mietrecht und Allgemeines Zivilrecht
vorstellen. Bitte beachten Sie unsere Haftungshinweise.
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Arbeitsanweisung und Verweigerung
Urteil des Landesarbeitsgerichtes Baden-Württemberg vom 14.11.2006 - 1 Sa
1/06
Eine außerordentliche fristlose Kündigung ist berechtigt, wenn der
Arbeitnehmer sich beharrlich weigert, eine Arbeitsanweisung des Arbeitgebers -
die gemäß § 106 GewO billigem Ermessen entspricht - zu
befolgen. Hintergrund: Der Arbeitnehmer hatte sich geweigert, die Kenntnisnahme
von Hausmitteilungen und interne Anweisungen gegenzuzeichnen.
Hartz I - II - III und Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat am 12. Dezember 2006 eine Kurzfassung des Abschlussberichts über die Wirkung von Hartz I-III veröffentlicht. Die Bilanz dieser arbeitsmarktpolitischen Instrumente ist mehr als durchwachsen. Das zentrale Element der Arbeitsmarktreformen - Hartz IV - ist darin noch nicht untersucht worden. Hierfür ist ein eigener Abschlussbericht vorgesehen. Die Förderung der beruflichen Weiterbildung, der Eingliederungszuschuss, die "Ich-AG" (jetzt: Existenzgründerzuschuss), die Vermittlungsgutscheine und die Sperrzeiten (für ausschlagene Jobangebote) bekamen gute Noten. Die Personal-Service- Agenturen (PSA), Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und die Arbeitslosen- vermittlung durch Dritte erhielten dagegen schlechte Noten.
Arbeitszeugnis und Unterschrift
Bundesarbeitsgericht, Urteil - 9 AZR 507/04
Ein Arbeitszeugnis soll den künftigen Arbeitgeber über die Leistungen
und das Verhalten des Arbeitnehmers informieren. Es muss auf Arbeitgeberseite
von einer Person unterzeichnet werden, die den Arbeitnehmer fachlich beurteilen
kann. In kleineren Betrieben wird das Zeugnis i.d.R vom Arbeitgeber selbst
unterzeichnet. In größeren Betrieben dagegen ist es entweder von
einem Personalbevollmächtigten oder von einem ranghöheren
Vorgesetzten zu unterschreiben. Die Stellung des Unterzeichners muss aus dem
Zeugnis abzulesen sein.
Das Zeugnis eines wissenschaftlichen Mitarbeiters einer Forschungsanstalt des
Bundes ist regelmäßig von einem ihm vorgesetzten Wissenschaftler zu
unterzeichnen. - arbeitsrechtlich unzulässig
wäre es also, das Arbeitszeugnis eines Abteilungsleiters von einem - auf
gleicher Hierarchiestufe - stehenden Arbeitnehmer oder untergebenen
Sachbearbeiter unterschreiben zu lassen.
Gefälschte Ausbildungszeugnisse
Urteil des Landesarbeitsgerichtes Baden-Württemberg vom 13.10.2006 - 5 Sa
25/06
Arbeitnehmer - die sich mit gefälschten Ausbildungszeugnissen auf eine
Arbeitsplatz bewerben und die Stelle dann bekommen - können fristlos
gekündigt werden. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber das
Arbeitsverhältnis wegen arglistiger Täuschung auch noch gem. §
123 BGB anfechten. Keine Rolle spielt dabei, ob dem Arbeitgeber die
Täuschung erst nach Jahren (in diesem Fall achteinhalb Jahren nach
Abschluss des Arbeitsvertrages) bekannt wird und ob der Arbeitnehmer bis dahin
beanstandungsfrei und zuverlässig gearbeitet hat. -
es wird vermutet, dass mittlerweile jede dritte Bewerbung Angaben in den
Zeugnissen oder im Lebenslauf enthält, die nicht der Wahrheit
entsprechen.
Weihnachtsfeiern und Alkohol
Urteil SG Frankfurt am Main – Az. S 10 U 2623/03 –
Betriebliche Weihnachtsfeiern sind als „Dienstzeit“ anzusehen. Es
besteht somit während dieser Zeit betrieblicher Unfallschutz. Zum
Sachverhalt: ein Verwaltungsangestellter war während der Weihnachtsfeier
seiner Behörde stark alkoholisiert eine Treppe hinabgestürzt.
Er zog sich dabei ein Schädel-Hirn-Trauma zu. Die gesetzliche
Unfallversicherung verweigerte dem Geschädigten Leistungen. Ihre
Begründung war, dass die offizielle Weihnachtsfeier bereits beendet
gewesen sei. Die letzten Gäste der Amtsleiter, der
Gaststättenpächter und der Verwaltungsangestellte seien nur noch im
Rahmen eines privaten Treffens anwesend gewesen. Das Sozialgericht entschied
dagegen: eine Weihnachtsfeier ist eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung,
die bis zu ihrem offiziellen Ende unter dem Schutz der Unfallversicherung
steht. Ein offizielles Ende der Veranstaltung hat es zwar nicht gegeben, jedoch
konnten die restlichen Gäste von einer Fortdauer der Veranstaltung
ausgehen, solange der vorgesetzte Amtsleiter noch anwesend war.
Betriebsübergang und fehlerhafte Information
Urteil des Bundesarbeitsgerichts, vom 14. Dezember 2006 - 8 AZR 763/05 -
Nach § 613 a, Abs.5 BGB sind Arbeitnehmer vom alten Arbeitgeber oder vom
neuen
Betriebsinhaber in Textform über einen Betriebsübergang zu
informieren. Sie sind insbesondere zu informieren über:
1. den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2. den Grund für den Übergang,
3. die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs
für die Arbeitnehmer und
4. die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.
Die Unterrichtung hat den Zweck, den betroffenen Arbeitnehmern die
Ausübung ihres Widerspruchsrechts durch eine ausreichende Wissensgrundlage
zu erleichtern. Eine Unterrichtung, die den Arbeitnehmer unzutreffend über
die Haftung des alten Arbeitgebers und des neuen Betriebsinhabers über
Verpflichtungen aus dem Betriebsübergang informiert, ist nicht
ordnungsgemäß. Sie löst die Frist (1. Monat) des Arbeitnehmers
- dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses gemäß §
613a Abs. 6 BGB zu widersprechen - nicht aus.
Hintergrund der Entscheidung war: Die Arbeitnehmer wurden weder vom alten noch
vom neuen Arbeitgeber darüber unterrichtet, dass der Übernehmer des
Betriebes sich in einer sehr schlechten wirtschaftlichen Lage befand und
später Insolvenz angemelden musste.
Das Bundesarbeitsgericht hat in der Revisionsinstanz den Fortbestand des
Arbeitsverhältnisses des Klägers mit dem alten Arbeitgeber
festgestellt. - **** Das Urteil ist sehr zu
begrüssen. Eine weitere Gesetzeslücke zu Lasten der Arbeitnehmer
wurde damit geschlossen.
Arbeitslosengeld und Arbeitsbescheinigung
Wer kennt das Problem nicht. Das Arbeitsverhältnis ist zerrüttet, der
Arbeitgeber spricht die Kündigung aus, eine Kündigungsschutzklage
beim Arbeitsgericht wird eingereicht und der Arbeitgeber denkt gar nicht daran
die Arbeitsbescheinigung auszufüllen. Die Arbeitsagentur wiederum verweist
Sie an den Arbeitgeber und lässt die Bearbeitung Ihres Alg-Antrages
solange ruhen. Der Arbeitslose ist letztendlich der Leidtragende, denn Ihm
steht finanziell für eine Übergangszeit das Wasser bis zum
Hals.
1. Müssen Sie befürchten, dass der Arbeitgeber Ihnen Schwierigkeiten
bereiten möchte und die Arbeitsbescheinigung nur verzögert erstellt -
dann: Abschicken der Arbeitsbescheinigung und Aufforderungsschreiben per
Einschreiben mit Rückschein. Das kostet ca. 2 €, hat aber den
Vorteil, dass Sie den Zugang in einem eventuell anstehenden
Schadensersatzprozess beweisen können.
2. Lassen Sie sich bei der Arbeitsagentur nicht abweisen. Die AA muss sich
ebenfalls um die unverzügliche Beibringung der Arbeitsbescheinigung durch
den Arbeitgeber kümmern. Sie hat insofern eine Ermittlungspflicht.
Außerdem verfügt die AA beim Arbeitgeber auch über die
notwendige Überzeugungskraft (Androhung einer Geldbuße bis 2.000
€ und Androhung von Schadensersatzforderungen). Ihr letzter Arbeitgeber
wird sich sehr wahrscheinlich nicht mit der Arbeitsagentur anlegen.
3. Sollte auch das nichts helfen, dann müssen Sie den Arbeitgeber auf
Erteilungen oder Abänderung der Arbeitsbescheinigung verklagen. Bitte
achten Sie darauf, dass hierfür unterschiedliche Gerichte zuständig
sind !
Behörden, Ausländer und Sprachbarrieren
Gem. § 19 SGB X müssen Anträge, Widersprüche und Klagen bei
Behörden in deutscher Sprache eingereicht werden, da die Amtssprache
Deutsch ist. Aber es gibt Ausnahmen: Überstaatliches Recht erlaubt die
Abfassung bestimmter Dokumente in der Muttersprache. Die Arbeitsagentur muss in
diesen Fällen einen Dolmetscher oder Übersetzer stellen oder
bezahlen. Dies gilt für alle Arbeitslose aus Ländern der EWG (nahezu
deckungsgleich mit den EU-Staaten), aus Länder des EWR (Island,
Liechtenstein, Norwegen), aus der Schweiz, aus der Türkei und für die
Nachfolgestaaten von Jugoslawien (Kroatien, Serbien, Slowenien, Kosovo,
Bosnien-Herzegowina, Makedonien). Eventuelle Sprachbarrieren dürften somit
hinfällig sein.
Berufskraftfahrer und abgefahrene Reifen
Urteil des Landesarbeitsgerichtes Köln vom 04.09.2006 - 14 Sa 635/06
Ein Berufskraftfahrer hat eine Pflicht zur
täglichen Überprüfung des verkehrssicheren Zustandes der Reifen
seines Fahrzeuges. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, so kann dies je nach den
Umständen eine ordentliche oder sogar eine außerordentliche
Kündigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge haben. Die
Kündigungs- schutzklage des Arbeitnehmers wurde vom Gericht abgewiesen.
1 Euro-Job und zuständiges Gericht
Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes vom 08.11.2006 - 5 AZB
36/06:
Bei Rechtsstreitigkeiten zwischen einem 1 Euro-Jobber und einer privaten
Einrichtung als Arbeitgeber sind nicht die Arbeitsgerichte, sondern die
Sozialgerichte zuständig.